Die aktuelle Debatte um Hartz IV

scoopexx hat folgendes geschrieben:

Ich sags mal so: Wenn ich ein Unternehmen hätte, das ungelernte Arbeitskräfte beschäftigt oder Stellen ausschreibt, die ein Chinese für 800 RMB machen könnte, dann würde ich mir auch überlegen, ob ich einem deutschen, ständig unzufriedenen Arbeitnehmer 800€ dafür geben würde. Willkommen in der Weltwirtschaft. Da hilft kein Meckern, da hilft nur die eigenen Fähigkeiten zu erweitern.

Die Chinesen arbeiten wenigstens noch ohne Arbeitsschutzbestimmungen sieben Tage die Woche im Sweatshop, zwölf Stunden am Tag, und wenn einer tot umfällt, stehen schon zehn andere Wanderarbeiter Schlange.

edit:Komma
 
gyroscope hat folgendes geschrieben:


Ich bin kein Freund staatlicher Regulierungen. Allerdings hat der Staat mit

Hartz 4 schon tief in unsere Wirtschaft eingegriffen und ein Mindesteinkommen

geschaffen, das mehr oder weniger bedinungslos in Anspruch genommen werden kann.

Genau das ist es. Durch Hartz IV haben wir nämlich soetwas wie einen Mindestlohn. Es ist wie mit vielen anderen Sachen: Je mehr der Staat darin rumfuscht, desto kritischer kann es werden.

Dass das Ganze transparenter gestaltet werden soll kann man aber nur befürworten. Denn Transparenz macht die Sache für jeden begreifbarer und man kann so eher sehen wo hier etwas schiefläuft und man könnte darauf angemessen reagieren.

Edit: Eine pauschale Erhöhung hingegen (worum es ja anscheinend nicht geht) wäre allerdings nicht gut, erhöht nämlich die Missbrauchsgefahr.
 
gyroscope hat folgendes geschrieben:

Die Chinesen arbeiten wenigstens noch ohne Arbeitsschutzbestimmungen sieben Tage die Woche im Sweatshop, zwölf Stunden am Tag, und wenn einer tot umfällt, stehen schon zehn andere Wanderarbeiter Schlange.

edit:Komma

Übertrieben gesagt ist es so. Da kann man in Deutschland nur mit einem gegenhalten: Qualität der eigenen Arbeit. Schulabbrecher und Leute ohne abgeschlossene Ausbildung werden es verdammt schwer haben, weil deren Arbeit direkt mit allen Billiglohnländern der Welt konkurriert und die hier in Sachen Preis/Leistung nicht mithalten können.

Einen Mindestlohn einzuführen bedeutet nur, alle diese endgültig in die Arbeitslosigkeit abzuschieben, weil gar kein Unternehmen produktiv arbeiten würde, wenn es am Fließband jemandem fürs Zusammentackern von Handyschalen 1500€ im Monat geben würde. -> siehe Frankreich.
 
@ scoop

Übertrieben gesagt ist es so. Da kann man in Deutschland nur mit einem gegenhalten: Qualität der eigenen Arbeit. Schulabbrecher und Leute ohne abgeschlossene Ausbildung werden es verdammt schwer haben, weil deren Arbeit direkt mit allen Billiglohnländern der Welt konkurriert und die hier in Sachen Preis/Leistung nicht mithalten können.
Leute ohne Schulabschluss haben doch heute schon keine Chance mehr auf einen halbwegs rentablen Job.
 
scoopexx hat folgendes geschrieben:

gyroscope hat folgendes geschrieben:


Die Chinesen arbeiten wenigstens noch ohne Arbeitsschutzbestimmungen sieben Tage die Woche im Sweatshop, zwölf Stunden am Tag, und wenn einer tot umfällt, stehen schon zehn andere Wanderarbeiter Schlange.

edit:Komma

Übertrieben gesagt ist es so. Da kann man in Deutschland nur mit einem gegenhalten: Qualität der eigenen Arbeit. Schulabbrecher und Leute ohne abgeschlossene Ausbildung werden es verdammt schwer haben, weil deren Arbeit direkt mit allen Billiglohnländern der Welt konkurriert und die hier in Sachen Preis/Leistung nicht mithalten können.


Einen Mindestlohn einzuführen bedeutet nur, alle diese endgültig in die Arbeitslosigkeit abzuschieben, weil gar kein Unternehmen produktiv arbeiten würde, wenn es am Fließband jemandem fürs Zusammentackern von Handyschalen 1500€ im Monat geben würde. -> siehe Frankreich.

Ich mag mir gar nicht vorstellen, wohin uns der Zug führen soll. Mittlerweile sind
ja auch gut ausgebildete Leute betroffen - ich bin selbst ein Beispiel. Mein
Arbeitgeber hat die Aufgaben von 60 IT-Fachkräften hier in München nach Ungarn ausgelagert, um die Leute im Anschluss (sprich im März) auf die Strasse zu stellen.
Ein DAX30-Unternehmen.

Ich bin kein VWLer. Deswegen die Frage: Was wird in Fachkreisen denn als Alternative zum Mindestlohn gehandelt? Oder müssen wir uns darauf einstellen, dass wir einfach
immer weiter abstürzen, bis sich der Wohlstand in Europa/Weltweit gemittelt hat.

Das das Kapital die Welt in der Hand hat und ein Systemwechsel wenn überhaupt nur
nach einem grossen Zusammenbruch (Krieg o.ä.) kommen könnte, haben wir ja letztes Jahr beobachten können.
 
Menirules hat folgendes geschrieben:

@ scoop


Übertrieben gesagt ist es so. Da kann man in Deutschland nur mit einem gegenhalten: Qualität der eigenen Arbeit. Schulabbrecher und Leute ohne abgeschlossene Ausbildung werden es verdammt schwer haben, weil deren Arbeit direkt mit allen Billiglohnländern der Welt konkurriert und die hier in Sachen Preis/Leistung nicht mithalten können.

Leute ohne Schulabschluss haben doch heute schon keine Chance mehr auf einen halbwegs rentablen Job.

Auch mit Hauptschule + Ausbildung hast Du so gut wie keinerlei Chancen mehr. Das sehe ich an den (erwachsenen) Kindern meiner Arbeitskollegen. Deswegen werden auch all
die Grundschüler Richtung Gymnasium geprügelt.
 
Ich darf Dir die Frage mal anstelle von und mit Scoopys eigenen Worten (weiter oben) beantworten:

"Übertrieben gesagt ist es so. Da kann man in Deutschland nur mit einem gegenhalten: Qualität der eigenen Arbeit. Schulabbrecher und Leute ohne abgeschlossene Ausbildung werden es verdammt schwer haben, weil deren Arbeit direkt mit allen Billiglohnländern der Welt konkurriert und die hier in Sachen Preis/Leistung nicht mithalten können."


Das ist das Dumme, wenn man nur Produktivität sieht und nicht, daß es in der Gesellschaft auch Schwächere gibt. Allerdings muß ich ihm zugute halten, daß es tatsächlich kaum einen Ausweg aus dem Dilemma gibt. Rückabwicklung der Globalisierung, aber das ist reinste Utopie.
 
"Schwach" ist man automatisch schon ab einem Lebensalter von 50 Jahren - viele ältere Kollegen hier rechnen sich schon ihre Hartz4-Sätze aus.

blackbird hat folgendes geschrieben:
Das ist das Dumme, wenn man nur Produktivität sieht und nicht, daß es in der Gesellschaft auch Schwächere gibt. Allerdings muß ich ihm zugute halten, daß es tatsächlich kaum einen Ausweg aus dem Dilemma gibt. Rückabwicklung der Globalisierung, aber das ist reinste Utopie.

Protektionismus kommt mir noch in den Sinn - Zölle auf Produkte, die in Produktion ohne Arbeiterschutz etc. hergestellt wurde - natürlich leider auch nicht durchführbar.

Da ist die Menschheit mit Ihrer Produktivität soweit gekommen, und trotzdem haben wir 5 (oder waren es schon 6?) Millionen Hartz4-Bezieher. Das Kapital rast in Internet-Geschwindigkeit um die Welt und sucht sich amoralisch die grösste Rendite. Es konzentriert sich immer weiter. Es arbeitet wohl am effektivsten in virtuellen Finanzmarktprodukten.

Bisher in der Menschheitsgeschichte haben Kriege alle achtzig Jahre einen Reset des Wirtschaftssystems bewirkt. Wie wird sich das wohl für unsere Generation entwicklen?
 
gyroscope hat folgendes geschrieben:
Deswegen werden auch all die Grundschüler Richtung Gymnasium geprügelt.
Welche zuerst Universitäten und dann den Arbeitsmarkt überschwemmen, und von denen ein Großteil letztendlich seinen Lebensunterhalt mit Taxifahren bestreitet. :(
 
gyroscope hat folgendes geschrieben:

Mich ärgert es wahnsinnig, wie in der boomenden Leiharbeitsbranche Arbeitnehmern
zum viel zu geringen Lohn gleich ein Antrag auf Hartz-4-Aufstockung mit auf
den Schreibtisch gelegt wird. Meist grosse Konzerne bedienen sich hier schamlos
am Staat.

Kann/soll man dem nicht Einhalt gebieten? Unsere aktuelle Regierungskoaliation und auch
die SPD sind bekanntlich dagegen.

Natürlich könnte man diese Form der modernen Lohnsklaverei verbieten, aus meiner Sicht müsste man das sogar. Aber da wird gerade unter der jetzigen Bundesregierung nichts geschehen (vielmehr dürften Arbeitnehmerrechte weiter abgebaut und die Leiharbeit weiter ausgebaut werden, wie das ja schon seit vielen Jahren der Fall ist). Und zu der SPD sag` ich mal lieber gar nichts. Der frühere SPD-Wirtschaftsminister Wolgang Clement (der Affe war auch mal Ministerpräsident in NRW; daher kennnen "wir" den hier vor Ort) hat kurz vor seinem Aussscheiden aus dem Amt die gesetzlichen Grundlagen dahingehend sogar weiter gelockert. Kein Wunder, hat er doch später u.a. einen fetten Posten in der Zeitarbeitsbranche (natürlich auf Arbeitgeberseite) bekommen. Clement ist inzwischen aus der SPD ausgetreten; seither ruft er zur Wahl der FDP auf. Clement-Freund Schröder (das war diese Lachbacke mit den gefärbten Haaren, die auch mal Kanzler war) hat es mal auf die Kurzformel gebracht, dass man "zum Regieren eigentlich nur die BILD-Zeitung und die Glotze" braucht. Mir wird es ein ewiges Rätsel bleiben, wie Leute mit so einem Politikverständnis in solche Positionen kommen können: http://www.youtube.com/watch?v=ctQomsVCzlU :((
 
gyroscope hat folgendes geschrieben:

Ich mag mir gar nicht vorstellen, wohin uns der Zug führen soll. Mittlerweile sind

ja auch gut ausgebildete Leute betroffen - ich bin selbst ein Beispiel. Mein

Arbeitgeber hat die Aufgaben von 60 IT-Fachkräften hier in München nach Ungarn ausgelagert, um die Leute im Anschluss (sprich im März) auf die Strasse zu stellen.

Ein DAX30-Unternehmen.


Ich bin kein VWLer. Deswegen die Frage: Was wird in Fachkreisen denn als Alternative zum Mindestlohn gehandelt? Oder müssen wir uns darauf einstellen, dass wir einfach

immer weiter abstürzen, bis sich der Wohlstand in Europa/Weltweit gemittelt hat.


Das das Kapital die Welt in der Hand hat und ein Systemwechsel wenn überhaupt nur

nach einem grossen Zusammenbruch (Krieg o.ä.) kommen könnte, haben wir ja letztes Jahr beobachten können.

Weltweit wird der Wohlstand wohl ein schönes Wachstum verzeichnen. China allein wächst ja um 10% dieses Jahr und hat uns jetzt gerade auch offiziell als Exportweltmeister überholt. Aber die klauen uns natürlich auch teilweise den Reichtum, was eigentlich auch deren gutes Recht ist. Wir haben hier Jahrzehnte im Schlaraffenland gelebt, während die gar nichts hatten.

Das heißt nicht, dass wir nach unten durchgereicht werden, wir werden Netto profitieren, weil wir eine sehr robuste Wirtschaft und einen fähigen Arbeitsmarkt haben sowie sehr Qualitätsorientiert arbeiten. Damit bedienen wir eine Marktlücke auf dem Weltmarkt.

Es wird allerdings mehr Konkurrenz und damit auch härtere Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt geben. Die gut ausgebildeten werden weiterhin gute Karten haben (Die Vorstellung von reihenweise taxifahrenden Akademikern ist eine Legende, wenn man mal KuWis außen vorlässt ;) ), die Karten einer Bildungs-Unterschicht werden immer schlechter.

Ich glaube ehrlich gesagt auch nicht, dass du große Probleme haben wirst, einen neuen Job zu finden. Darf ich fragen, in welchem Konzern du arbeitest?

@Bird: Verstehe ich dich da richtig, dass du mir vorwirfst, ich würde die sozial schwächeren nicht sehen? Ich schreibe mir hier die Finger fusselig, dass es die schlecht ausgebildeten immer schwerer haben werden und du haust sone Schwarte raus? :nut:
Und was musst man mir zugute halten? Dass es keinen Ausweg aus der Globalisierung gibt? :D Isses nu schon so weit, dass ich für die Globalisierung Schuld bin, ja? Oder was meinst du? Was du schreibst ist irgendwie immer so ein zusammenhangsloser Kauderwelsch. :D
 
@scoopex Ich schreibe Dir eine private Mail, das Internet merkt sich alles - schlechte Idee, wenn ich demnächst eine Bewerbungarie starten muss... :halo:
 
gyroscope hat folgendes geschrieben:

"Schwach" ist man automatisch schon ab einem Lebensalter von 50 Jahren - viele ältere Kollegen hier rechnen sich schon ihre Hartz4-Sätze aus.

Naja, abeitsplatz-mäßig wird`s oftmals schon über 30 schwierig (ausgenommen: Spezialisten). Habe jüngst übrigens eine aktuelle Statistik gelesen. Demnach arbeiten hierzulande bereits jetzt knapp 50% aller unter 30jährigen (relativ junge Leute also) in sogenannten prekären Beschäftigungsverhältnissen (400-Euro-Jobs; befristete Arbeitsverhältnisse; Leiharbeit usw.). Deutschland ist somit inzwischen "einsame Spitze" in Sachen Prekariat. Und was die allgemeine Lohn-/Gehaltsentwicklung betrifft, bewegen wir uns mittlerweile auch am unteren Ende (bezogen auf die EU-Länder).
 
@bigjim

Na da hoffe ich mal auf mich Spezialisten... :devil:

Was ich schon gemerkt habe sie versuchen mich gnadenlos im Gehalt zu drücken mit
dem Hinweis auf mein fortgeschrittenes Alter (36! ist doch nichts!), und ich
verlange keine utopischen Summen.

Ich denke ich werde mich selbstständig machen und als Freelancer arbeiten.
 
piko hat folgendes geschrieben:

gyroscope hat folgendes geschrieben:
Deswegen werden auch all die Grundschüler Richtung Gymnasium geprügelt.
Welche zuerst Universitäten und dann den Arbeitsmarkt überschwemmen, und von denen ein Großteil letztendlich seinen Lebensunterhalt mit Taxifahren bestreitet. :(

Kann man so pauschal nicht sagen. Studiert ja nicht jeder BWL. ;)
 
gyroscope hat folgendes geschrieben:

Was ich schon gemerkt habe sie versuchen mich gnadenlos im Gehalt zu drücken mit
dem Hinweis auf mein fortgeschrittenes Alter (36! ist doch nichts!), und ich
verlange keine utopischen Summen.

Sie würden auch dann versuchen, gnadenlos Dein Gehalt zu drücken, wenn Du erst 20 wärst. Dann nämlich heißt es: Zu wenig Berufserfahrung. Also wie man`s macht, irgendein Argument findet sich immer.

"Utopische Summen" werden in der Tat seltener - ausgenommen natürlich Managergehälter (und Politiker-Bezüge).
 
BigJim hat folgendes geschrieben:

piko hat folgendes geschrieben:

Welche zuerst Universitäten und dann den Arbeitsmarkt überschwemmen, und von denen ein Großteil letztendlich seinen Lebensunterhalt mit Taxifahren bestreitet. :(

Kann man so pauschal nicht sagen. Studiert ja nicht jeder BWL. ;)

Und da hat er wieder Penisneid. :bigsmile:
 
blackbird hat folgendes geschrieben:
Das ist das Dumme, wenn man nur Produktivität sieht und nicht, daß es in der Gesellschaft auch Schwächere gibt. Allerdings muß ich ihm zugute halten, daß es tatsächlich kaum einen Ausweg aus dem Dilemma gibt. Rückabwicklung der Globalisierung, aber das ist reinste Utopie.
Niemand hat sie gewollt, niemand hat sie gewählt, doch nun ist sie beschlossen: Die europäische Wirtschaftsregierung. Sie wurde heute abend in Brüssel ausgerufen! In Anbetracht der Wirtschaftskrise verlieren Staaten ihre Entscheidungshoheit, weil die EU natürlich alles besser kann...
http://www.mmnews.de/index.php/201002114914/MM-News/Europaische-Wirtschaftsregierung.html
 
Zurück