Helden - Wenn dein Land dich braucht
Alle Jahre wieder machen die Herrschaften bei RTL etwas, das sie besser lassen sollten: Sie drehen einen Film. Bei RTL dreht man aber nicht einfach nur Filme. Sie kreieren Event Movies! Event Movies unterscheiden sich dadurch von herkömmlichen Filmen, dass sie immer ganz besonders lächerlich sind. Gerne erinnern wir uns an „Hai-Alarm auf Mallorca“ oder „Bermuda-Dreieck Nordsee“. Das war gehobener Trash der feinsten Sorte, gespickt mit den besten Mitgliedern der schauspielenden Zunft. Dieses Jahr servierte uns RTL „Helden“ zum Tag der Deutschen Einheit. Und das ging etwa so:
Wir beginnen den munteren TV-Abend im CERN im schweizerischen Genf. Dieses große Ding unter der Erde, in dem Wissenschaftler geheimnisvolle und potentiell super gefährliche Sachen treiben. Das CERN wurde extra für RTL um einen dicken blauen Laser in der Mitte erweitert. Das sieht schick aus, tut aber nichts. Aus unbekannten Gründen entwickelt der Teilchenbeschleuniger eine Art selektiven Magnetismus, der nur Satelliten in der Erdumlaufbahn und Smarties betrifft. Während die Süßigkeiten nur lustig schweben, krachen die Satelliten zielsicher in äußerst medienwirksame Gebäude. Als der Reichstag getroffen wird, ist Kanzler Heiner Lauterbach zum Glück gerade außer Haus, leider ist dafür Hannes Jaenicke da und rettet Kinder, die sicher nicht gerne vom Autor von „Die große Volksverarsche“ angefasst werden wollen.
Dass Heiner Lauterbach Kanzler sein darf, ist sicher so etwas wie subtile Kritik von RTL an der momentan schleppenden Regierungsbildung. Wenn da nicht bald was passiert, macht das halt der Lauterbach! Also liebe Politiker, seid gewarnt und handelt!
Aus dem dicken blauen Laser im CERN wächst derweil ein schwarzes Loch. Hätte man das Ding wohl besser doch nicht für RTL angeschafft, was?
Dumm nur, dass Yvonne Catterfeld gerade eine Horde Kleinkinder durch die unterirdische Einrichtung führt. Die dürfen auf keinen Fall sterben! Bloß nicht die Kinder! Scheiß auf den Rest, namenlose Wissenschaftler in weißen Kitteln gibt es genug in der Schauspielerkartei, aber Kinder sind kostbar!
Im Kanzleramt wird Lauterbach darüber aufgeklärt, dass ein schwarzes Loch eine ziemlich hohe Gravitation hat und generell keine Sache ist, die man gerne im Keller hat. Haben die in Genf jetzt aber. Und was sagen eigentlich die Schweizer dazu? Die kommen gar nicht zu Wort. Das schwarze Loch scheint eh nur Deutschland zu betreffen. Vielleicht liegen wir ja in einer Sondergravitationszone oder so. So wie die Ostzone damals. Aus dem Osten kam ja auch noch nie was Gutes. Yvonne Catterfeld kommt z.B. aus Erfurt.
Christiane Paul kommt sogar aus Ostberlin und steigt todesmutig in einen Hubschrauber, obwohl ja sonst alles in der Luft vom Himmel fällt. Nicht so klug. Aber RTL halt. Prompt stürzt das Ding natürlich ab. Hätte ich vorher sagen können, aber mich fragt ja keiner. Nie fragt mich einer! Dabei hätte ich echt viel zu sagen!
Im Osten wird derweil gefickt. Genauer gesagt im Tropical Island, jenem zum Spaßbad umfunktionierten Zeppelinhangar. Das mit den Luftschiffen klappte nicht und auch im Schwimmbad fällt das Licht aus. Osten halt. Der Film bestätigt, was wir schon immer wussten. Auch dass Schalke-Fans prollig sind und saufen, oder dass Senioren immer verbittert sind und moderne Technik hassen, weiß RTL zu berichten. Ganz nah am Volk.
Im völkischen Gelsenkirchen ist die Kacke auch ordentlich am dampfen! DAS Krankenhaus steht nämlich auf DER Gasleitung. DIE Gasleitung ist total gefährlich! DAS Krankenhaus muss geräumt werden, bevor DIE Gasleitung explodiert.
Im CERN tritt hingegen Kühlmittel aus. Da ist es so kalt, dass Wasser noch in der Luft gefriert, die Catterfeld aber immer noch im Sommerkleidchen rumlaufen kann. Was lernen wir daraus? Yvonne Catterfeld spürt nichts mehr. Keine Kälte, keine Wärme, keinen Schmerz, nichts. Ist sie überhaupt ein Mensch? Nein. Yvonne Catterfeld ist das Böse.
Den Handlungsstrang von Paul und Jaenicke verstehe ich nicht. Scheinbar sind sie nur dazu da, möglichst oft in Fahrzeugen zu verunglücken. Mit dem Hubschrauber war das schon nichts, mit einem Auto ging es zwischendurch auch schief und jetzt ist ein Kleinflugzeug dran.
Hauptsächlich dient der Flug dazu, um tolle Luftbilder zu präsentieren, wie kaputt mittlerweile alles ist. Alles ist kaputt. Besonders Köln. Ob wegen des schwarzen Lochs oder des U-Bahnbaus wissen wir nicht.
Das mit dem Flugzeug geht natürlich nicht allzu lange gut. Und so wird in Gelsenkirchen gelandet, wo der Schalke-Fanclub gemeinsam mit der Opel-Gang gerade die Zeche Zollverein (die kurzerhand von Essen nach GE verlegt wurde) in ein Lazarett verwandelt. Chapeau! Alle Klischees wurden bedacht.
Vor Ort kriegen sie aber ein Wohlmobil, das erstaunlicher Weise durchhält und auch dann keinen Schaden nimmt, als es von der Bundeswehr beschossen wird. Dass das G36 nichts taugt, hat der Spiegel ja gerade erst herausgefunden. Top aktueller Film also!
In der Zwischenzeit ist Yvonne Catterfeld ins schwarze Loch gefallen! Das Böse ist besiegt, der Film endet! Auf Schalke tanzen alle um die brennende Veltins Arena und singen „Ding Dong die Hexe ist tot!“ Die Schweiz ist weg, was den deutschen Steuerzahler freut. Alle sind glücklich! Ein Regenbogen erstrahlt, selbst über Ostdeutschland. Aus dem schwarzen Loch wird ein Dimensionsportal. Ein Einhorn tritt heraus und verkündet, es sei das Higgs-Boson. Die Wahrscheinlichkeit bricht zusammen. Schrödingers Katze verlässt die Kiste weder tot noch lebendig. Jaenicke klettert stattdessen rein. In tausend Jahren wird er ein Schmetterling sein. Ein sehr hässlicher. Das Universum implodiert. Alles ist gut.