So, am Wochenende waren die Fantasy Filmfest Nights in Köln und ich war mal wieder dabei. Leider gab es einige Enttäuschungen von eigentlich guten Filmemachern, doch zumindest gab es einen hellen Lichtblick, mit dem ich dann auch gleich anfange.
Stoker
Der wohlhabende Architekt Richard Stoker stirbt am 18. Geburtstag seiner geliebten Tochter, der verschlossenen und etwas eigenen Außenseiterin India.
Zur Beerdigung taucht der ihr unbekannte und sehr mysteriöse Onkel Charlie auf um einige Zeit im Haus zu leben. Während ihre Mutter Evie den charismatischen Verwandten schnell als einen sehr willkommenen „Ersatz“ für ihren verstorbenen Mann empfindet, bleibt India skeptisch gegenüber dem eigentlich Fremden, der sich mit etwas zu sehr Interesse in ihr Leben drängt. Doch als India tatsächlich einige unheimliche Einblicke in die dunkle Seite ihres Onkels gewährt werden, entwicklelt sie eine zunehmende Faszination für ihn.
Regisseur Park Chan-Wook, der vor einigen Jahren international mit dem surrealen Rache-Thriller Oldboy für Aufregung gesorgt hat (und dessen bisherige Filme mir alle sehr symphatisch, wenn auch manchmal nicht so ganz zugänglich waren) liefert hier seinen ersten amerikanischen Film ab und alle Befürchtungen, das dies mit einem Qualitätsverlust einhergeht sind fürs erste unbegründet. Im Gegenteil, Chan-Wook ist hier krass und morbid wie eh und je, doch dank der großartigen Inszenierung dieser finsteren Familiengeschichte ist „Stoker“ sein vielleicht bester Film.
Das Casting ist hierbei ein nicht zu unterschätzendes Element des Erfolgs. Insbesondere Matthew Goode, den ich schon in „Watchmen“ sehr interessant wenn auch völlig falsch gecastet fand, ist großartig als unheimlicher aber auch charismatischer Charlie und darf hier die volle Bandbreite seines Könnens zeigen. Die junge Protagonistin Mia Wasikowska überzeugt ebenfalls vollends und auch wenn Nicole Kidman mir persönlich eher unsymphatisch ist, so ist sie hier ideal besetzt und füllt ihren Charakter exzellent aus.
Das Drehbuch von Wentworth Miller (der Protagonist von „Prison Break“) mag zwar ab und an eine Lücke hinterlassen und man kann schon früh sehen, wie in etwa die Geschichte enden wird, doch finden sich auf den Weg dahin immer wieder kleinere Kniffe und Wendungen, die einen über Details rätseln lassen und einen gespannt an der Stange halten.
Doch am Ende ist es Park Chan-Wooks Film. Mit geradezu exzessiv poetischen Bildern versteht der Regisseur alleine durch diese dramatisch, unheimlich oder ab und zu auch mal schwarzhumorig zu sein und durch diese tolle visuelle Inszenierung ist der Film eigentlich niemals weniger als wundervoll.
Das westliche Debüt des koreanischen Kultregisseurs ist ein fantastischer Erfolg und schon jetzt ein persönlicher Kandidat für den besten Film des Jahres. Toll.
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The Bay
Inszeniert als „Enthüllungsvideo“ einer vertuschten Katastrophe, zusammengeschnitten aus „geleaktem“ Bildmaterial und nacherzählt von einer Augenzeugin, handelt „The Bay“ von einem kleinen Amerikanischen Fischerdorf, dass während dem Tag der Unabhängigkeitsfeier von mutierten Parasiten heimgesucht wurden die sich auf grausame Weise aus ihren Opfern herausfressen. (Nebenbei sei bemerkt, das es die Viecher, genannt Cymothoa exigua wirklich gibt und sie tatsächlich die fiese Eigenschaft haben, die Zungen ihrer Wirte zu fressen und zu ersetzen, auch wenn sie natürlich in ihrer normalen Form kleiner und ungefährlicher sind. Netter Touch).
Als Freund von „Found Footage“ Horrorfilmen (von denen es zugegebenermaßen sehr wenige gute gibt), war ich sehr angetan von der Idee eine Horrorgeschichte mit Hilfe von verschiedenen Videoaufnahmen, Protokollen und Fernsehberichten zu erzählen, statt wie üblich durch die Linse einer einzigen Kamera.
Doch leider ist dieses launig im Stile von „Truther“-Verschwörungsvideos wie „Loose Change“ inszenierte Spektakel dank schwacher Story und schwachem Writing nicht das, was ich mir gewünscht habe.
Zwar hat der Film einige sehr effektive Szenen (insbesondere der konstante Blick auf ein hoffnungslos überfülltes Krankenhaus, in dem die infizierten Opfer reihenweise auf grausige Art wegsterben) und zeigt Stolz ein höheres Budget und bessere Effekte als man es von der Art von Film gewohnt ist, aber das hilft auch nicht über die Stumpfsinnigkeit vieler anderer Szenen weg. Konstant wird man erschlagen von der kaum getarnten aggressiven Botschaft des Films oder gelangweilt von einem Subplot über eine junge unwissende Famile auf dem Weg zur Katastrophe der nicht wirklich zu etwas führt oder genervt von redundanten Montagen und Flashbacks. Am schlimmsten ist jedoch die Protagonistin des Films, die auf eine kaum glaubwürdige Weise die Ereignisse nacherzählt und an den unpassensten Stellen „comedic relief“ bietet und allgemein zu uninvolviert agiert als das sie zur Stimmung des Films beiträgt.
Traurig das Barry Levinson, der mit „The Machinst“ einen eindringlich minimalistischen Thriller geschaffen hat, aus diesem ambitionierten Film keine Runde Sache machen konnte und ein bestenfalls mittelmäßiges Endergebnis abliefert.
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John dies at the end
In einer Reihe von Flashbacks erzählt ein junger Mann namens David Wong (der kein Asiate ist, sondern seinen Nachnamen änderte um schwerer gefunden zu werden) einem Journalisten die Geschichte von ihm und seinem Kumpel John Cheese. Beide kommen in Kontakt mit einer Droge namens „Soy Sauce“, die ihnen übernatürliche mentale Fähigkeiten verleiht, sie aber auch gleichzeitig die interdimensionalen, lovecraft-artigen Monster sehen lässt, die unsichtbar die Welt bevölkern. Im weiteren Verlauf werden Monster beseitigt, parallele Welten besucht, die eigene mehrmals gerettet und am Ende stirbt John...vielleicht.
Es ist eine Zusammenkunft von einem alten Kultregisseur, Don Coscarelli, der zuletzt mit der Elvis-gegen-Mumie-Horrorkomödie „Bubba Ho-Tep“ begeistern konnte und einem aktuellen Kultschreiber Jason Pargin (Künstlername David Wong), der während seiner Arbeit für Cracked.com anfing diese Geschichte als Online-Fortsetzungsstory zu schreiben, bis dann nach großer Beliebtheit das ganze zu einem surrealen Roman wurde.
Unglücklicherweise kommt keiner der beiden wirklich gut bei diesem Film weg.
In einer Geschichte, insbesondere einer Horrorkomödie wie dieser, mit allen Regeln der Logik zu brechen und mit absurden Ideen um sich zu werfen ist sicherlich eine nette Sache. Aber nachdem der Film vielversprechend anfängt und eine Weile lang erfolgreich seine immer absurderen Ereignisse mit Hilfe von unterhaltsamen Wendungen und witzigen Reaktionen des vermeintlich bodenständigen Protagonisten aufeinander stapeln kann, bricht spätestens in der zweiten Hälfte das Ganze durch seine Inkohärenz und qualitative Inkonsistenz zusammen. Es gibt keinen Raum zum Atmen, keine Setups für gute Gags und oftmals nichtmal mehr eine Pointe. Das Dauerfeuer an grotesken Bildern und skurrilen Ereignissen ersticken jedliche Cleverness unter dem erschöpfenden Überdruss des Ganzen.
Da können selbst die generell ganz guten Schauspieler (mit tollen aber kurzen Auftritten von Paul Giamatti und Clancy Brown) und die ideenreichen praktischen Old-School Spezialeffekte (die jedoch nicht das überambitionierte und billig aussehende Finale retten können) nicht viel dran machen.
Ich möchte anmerken, dass ich den Film mit einem Kenner und Fan des Buches gesehen habe. Normalerweise nicht die beste Idee, angesichts dessen das solche Leute da oft Puristen sind die eine Adaption durch Erbsenzählerei nicht für sich selbst stehend betrachten können. Doch in diesem Falle war mir tatsächlich damit geholfen, mir nach dem Film grundlegende Plotelemente und Szenen erklären zu lassen, die im Film kontextlos hingeworfen wurden und im Buch tatsächlich einen eigenen, wenngleich sehr surrealen, Kontext haben, der oftmals nur einen kleinen Teil von lustig klingenden Ideen darstellte. Unnötig zu sagen, er war überaus enttäuscht von dem Film und seiner lieblosen Behandlung des Quellmaterials.
Alles in allem wird der Film sicherlich seine eigene Fangemeinde finden und irgendwie zum Kult werden, doch wenn man hier mehr sehen will als eine Aneinanderreihung selbstzweckhafter Seltsamkeiten, wird man von dem Film früher oder später enttäuscht werden.