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Margin Call
Margin Call, oder auch „Der große Crash“, ist ein fiktionalisiertes Pseudo-Biopic über die je nach dem wen man fragt noch laufende Finanzkrise.
Eric Dale, Risikoanalyst einer großen Investmentbank, wird während seiner Arbeit an einem wichtigen Projekt gefeuert und jedlicher Zugang zu Firmeneigentum entzogen.
Nur die Arbeit seines Projektes kann er gerade so noch einem Kollegen, Peter Sullivan, geben, der dieses am folgenden Abend promt beendet und somit eine gigantische Sache ins Rollen bringt.
Denn schon seit Wochen wurden gekaufte Immobilienkredite völlig falsch bewertet und können bei der kleinsten Änderungen des Marktes dafür sorgen, das der gesamte Konzern schlagartig pleite gehen könnte.
Von dort an wandert die Sache durch die Nacht durch immer weiter nach oben und als allen Beteiligten zunehmend bewusst wird, dass es vermutlich schon zu spät ist die Situation zu retten, werden folgenschwere Entscheidungen getroffen.
Margin Call mag sehr viel Fachsprache beinhalten und einen nur sehr abstrakten Konflikt bieten, aber dies steht hier nicht so im Vordergrund wie die einzelnen Charaktere. Vom kleinen Analysten bis hin zum CEO sind hier alle in einem Boot, wenn auch auf verschiedenen Decks, und werden sich auf verschiedene Weisen der unabwendbaren Katastrophe bewusst. Der Film gibt sich dabei viel Mühe, die Ansichten und Reaktionen jedes einzelnen möglichst wertfrei und menschlich darzustellen (ausser vielleicht beim CEO, gespielt von Jeremy Irons, der hier von allen noch bei weitem am theatralischsten wirkt). Dabei wird jedoch immer wieder ein Spagat zur gefühlskalten Darstellung des Systems, das viele der Charaktere selbst nicht vollständig verstehen, als Kontrast erzeugt.
Die Darsteller überzeugen durch die Bank weg, von Zachary „Spock“ Quinto als jungen, aber kaum naiven Analysten über Paul Bettany als seinen nihilistisch schmierigen Vorgesetzten bis hin zu Kevin Spacey, der hier mehr als alle anderen von moralischen Zweifeln geplagt wird, als ein „Rettungsplan“ für die Firma geschaffen wird. Positiv überrascht auch Demi Moore als scheinbar gefühllose analytische Risikomanagerin, deren cooles Auftreten langsam bröckelt, ohne in überzogenem Drama zu enden.
Wo der Film jedoch sehr zwiespältig ist ist in der Handlung. Kurz gesagt, es gibt nicht allzuviel davon. Es gibt kaum Wendungen oder Enthüllungen und es wird mehr reagiert als agiert, was im Endeffekt zu einem sehr offenen und vielleicht absichtlich unzufriedenen stellendem Ende führt.
Nichtsdestotrotz schafft es der Film einen in der heutigen Zeit sehr wichtige, aber auch sehr esoterischen Themen näherzubringen, und das durch ein fantastisches Schauspielerensemble das jederzeit überzeugt. Und wer sich dafür ein wenig begeistern kann, wird hier zufriedengestellt.
The Future
Als ein Pärchen in den Mittdreißigern beschließt, eine kranke, schwer hilfsbedürftige Katze zu adoptieren, wird ihnen bewusst, das die Zeit vor der Abholung vermutlich das letzte bisschen „Freiheit“ für ihr Leben bedeuten könnte und beschließen, in den letzten 30 Tagen ihr Leben zu überdenken und umzugestalten.
Promt haben beide ihre ungeliebten Jobs gekündigt und neue Ambitionen gefunden, nur um schnell festzustellen, das sich diese in der Realität schwerer ausleben lassen als erahnt.
Miranda July, die hier sowohl Hauptdarstellerin als auch Schöpferin des Films ist, gibt diesem Film eine Art „magischen Realismus“, wie man es vielleicht aus solchen Dingen wie „Die fabelhafte Welt der Amelie“ kennt. Die kranke Katze ist die kratzige Erzählstimme, die Frau wird von einem Ihrer T-Shirts verfolgt und ihr Mann kann möglicherweise die Zeit anhalten. Doch diese quirlig-putzig-seltsamen Ideen werden hier mit der brutalen Realität auf Kollisionskurs gebracht. Die Träumereien des Pärches werden schnell als egozentrisch entlarvt, die Last-Minute-Lebensänderungen drohen schon im Ansatz zu scheitern (Die Art wie das angedachte Projekt der Frau durch verunsicherungen und mangelnder Überwindung bereits im Entstehen scheitert, trifft unangenehm nahe an eigenen Erfahrungen, wo ich sicherlich nicht der einzige sein werde). Und am Ende führt die ganze Idee, wie soll es auch anders sein, nur zu Desastern.
Es ist ein erstaunlich depressiver Film, alles in allem, und auch wenn der Film mit seinen frechen Ideen manchmal interessante Sachen zu sagen hat und diese geschickt zu visualisieren weiß, so beißen sie sich doch sehr hart mit der gezeigten Handung und können für jemanden, der nicht den selben cineastischen Geschmacksinn hat wie die selbstgewertet hyperintellektuellen Spiegel Online Kritiker oder anderen Feulletonschreibern mit verbaler Diarrhoe doch schon fast nerven können.
So bleiben bei mir gemischte Gefühle zurück, da ich viele Einfälle sehr genossen habe, aber mich mit dem Gesamtprodukt nicht so ganz glücklich fühle.