Iiich war heute direkt nach der Gamescom in einem hochexklusiven Screening in Köln für einen Film, der uns leider erst im nächsten Jahr in alle großen Deutschen Kinos geliefert wird, aus unerfindlichen Gründen wie ich anmerken darf.
Es handelt sich dabei um:
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Scott Pilgrim vs. the World
Vorab möchte ich warnen, das ich ein gigantischer Fan von Scott Pilgrim bin, sämtliche Bücher mehrmals gelesen habe, einen kleinen SP Sprite als Avatar habe, und nicht nur auf den Film selbst heiß bin weil es ein Scott Pilgrim Film ist, sondern auch weil der Film von Edgar Wright ist, der bisher nur gutes geleistet hat in meinen Augen.
Daher kann ich nicht für eine objektive Meinung garantieren, auch wenn ich mein bestes gegenüber den Film gegeben habe, ihm kritisch gegenüberzustehen.
So.
Jetzt wo das aus dem Weg ist, zum Review selber.
Scott Pilgrim vs. The World basiert auf einen kanadischen Independent-Comic und es geht um Scott Pilgrim.
Dieser ist ein irgendwie typischer (naja, filmmäßig gesehen) 20-something tunichtgut: Er lebt zusammen mit seinem "coolen schwulen Zimmerpartner" in einem Kellerloch und schnorrt so ziemlich alles von ihm, er ist Bassist in einer unterdurchschnittlichen Garagenband namens Sex-Bob Omb und ist eher ein Faulenzer, der sich vor jedlicher Verantwortung eher drückt.
Mit Freundinnen hatte Scott nie große Probleme, doch bisher hat jede Beziehung unschön geendet, weshalb er zu Anfang des Films Knives Chau (17 Jahre alt) dated, einfach weil es "einfach" ist.
Zumindest solange bis das wortwörtliche "Mädchen seiner Träume" in Erscheinung tritt, das hippe und mysteriöse Liefermädchen Ramona Flowers.
Doch um ihre Liebe zu gewinnen, muss er nicht nur irgendwie mit seiner momentanen Freundin schlussmachen, sondern auch gegen die Liga der bösen Ex-Freunde Ramonas bekämpfen, bestehend aus 7 bösen Personen, von Filmstars über telekineische Veganer bis hin zu japanischen Zwillingen und natürlich einem teuflischen Endgegener.
Und ja, schnell wirds seltsam.
Ja...ich wünschte meine Meinung über den Film wäre weniger vorraussehbar, aber es ändert nichts an der tatsache: Scott Pilgrim vs. the World ist der witzigste, coolste und audiovisuell genialste Film den ich seit sehr sehr langer Zeit gesehen habe und ist schon jetzt falls es keine dramatischen überraschungen mehr gibt der meiner Meinung nach beste Film 2010...auch wenn man ihn in Deutschland erst 2011 sehen wird : /.
Die Story ist schlichtweg bizarr, aber doch recht simpel, denn im Herzen ist Scott Pilgrim eine TATSÄCHLICH LUSTIGE quirlige Liebeskomödie über einen Kerl, der über seinen eigenen Schatten springen und lernen muss, sich selber und andere zu respektieren und sich seine Liebe zu verdienen.
Nur das er das eben tut, während er in bizarren Martial-Arts-Fantasy Kämpfen verwickelt wird.
"Liebeskomödie" ist irgendwie ein abwertendes Wort, aber hier macht auch ausserhalb des absurden Spektakels Scott Pilgrim einfach vieles besser als gewöhnliche Liebesschmonzetten. Der Protagonist ist nicht der perfekte Traumtyp, sondern ein eher unsymphatischer, wenngleich keinesfalls hassenswerter Typ ist, der über den Film hart daran arbeiten muss, ein minimal besserer Mensch zu werden, das Mädchen ist zwar sexy und ausgefallen, aber ist sich auch bewusst das sie in der Vergangenheit ein ziemliches Miststück war und nicht wirklich weiß ob sie sich ändern kann.
Und trotz das der Film so surreal ist, so fühlt sich diese Beziehung doch echter an als in den meisten anderen Filmen.
Der Film selber: Well, ich glaube sowas gab es einfach vorher nicht. Punkt.
Klar, es gab Filme mit einer visuellen Comicbuchästhetik, Filme mit Elementen aus anderen Medien, und skurille und schnell geschnittene Filme.
Edgar Wright, Mastermind hinter Spaced, Shaun of the Dead und Hot Fuzz, beschreitet hier essentiell neue Wege für sich selbst und für Filme im allgemeinen, was man eigentlich nur als pure Energie bezeichnen kann.
In knapp unter 2 Stunden ist der Film bis zum Anschlag gefüllt mit Story, Gags und Action und scheinbar keine einzige Sekunde wird verschwendet. Insbesondere das erste Drittel oder Viertel des Films, das hauptsächlich die Story später etabliert und noch weitestgehend "normal" ist, zeigt diese Energie. Wo eine stark gekürzte Einleitung sonst überhastet oder einfach unvollständig daherkommt, lässt Wright die Szenen nahtlos ineinanderlaufen und macht ständige Zeitsprünge und Szenenwechsel zu einem Stilmittel die das Chaos von Scott Pilgrims Welt einfangen ohne dabei den Zuschauer im Regen stehen zu lassen...wenn er aufpasst.
Natürlich kommt ein Teil von der Energie auch daher, das Scott Pilgrim, sowohl im Comic als auch im Film, nach Videospiel Regeln arbeitet.
Die Story selber mit 7 "Exes" als Zwischen bzw Bossgegner ist da nur der Anfang. Ich sage mal, wer nicht weiß oder zumindest damit leben kann, dass sich besiegte Gegner in Münzen auflösen und das emotionaler Wachstum mit einem blinkenden "LEVEL UP" Text gefeiert wird, der wird mit dem Film nichts anfangen können. Aber insbesondere Visuell steht der Film von der ersten Sekunde an mit einem Fuß in der seligen Retrowelt der 8 und 16 Bit Konsolen und informiert den Zuschauer mit nötigen oder unnötigen Statistiken, Statusbalken und anderen kleinen Gimmicks. Und ja, der "Endgegner" kommt Stilecht mit einer Extralangen Energieleiste.
Als besondere Schmankerl für Gamer ist der Film zudem gespickt mit kleinen Cues und Soundeffekten aus teils extrem bekannten Quellen.
Die Action...wow.
Wright überraschte mich schon mit Hot Fuzz, aber was er hier auf die Beine stellt, sind exzellente Szenen. Ohne Shakycam und Ultranahaufnahmen gibts coole Choreografien, verschiedenste Kampfszenarien und einfach coole Setpieces. Und nachdem ich in Sachen Action schon Kick-Ass sehr abwechslungsreich fand, setzt Scott Pilgim nochmal einen drauf und hat alles von Duellen über große Martial Arts Kämpfe bis hin zu Schwertkämpfen und einem Bass Battle (und...naja, da gibts einige Überraschungen, die will ich aber nicht verpetzen).
Cast? Mehr oder weniger Exzellent.
Ich hatte meine Bedenken mit dem inzwischen vielgehassten Michael Cera (Superbad, Youth in Revolt, Arrested Development), seines Zeichens Typecast für nervöse kleine nerdige Typen als irgendwie arroganten und über-entheusiastischen Scott Pilgrim, doch obwohl er seinen Typischen Stil nie ganz los wird trägt er den Film mehr als locker auf seinen Schultern und zeigt einiges, was man von ihm nicht gedacht hätte (und er ist fantastisch in Kampfszenen, wer hätte das Gedacht).
Mary Elisabeth Winstead hat eine schwere Bürde zu tragen als die eher verschlossene und kalte Ramona, und ist auch irgendwie das Schwächste Glied, aber auch hier gibts viel zu mögen.
Wer jedoch komplett überzeugt sind: Kierian Culkin (jap, sieht so aus wie sein Bruder) als Wallace Wells, der "coole schwule Zimmerpartner" der mit trockenem Humor und fantastischem Timing jedliche "Schwule als Tunten" Klischees verwirft und ne Menge Lacher bringt. Ellen Wong als Knives Chau, die die schwierige Aufgabe hat einen Charakter zu spielen der teilweise zuckersüß, teilweise kindlich nervig und hin und wieder auchmal komplett psychotisch daherkommt an den Zuschauer zu verkaufen und tut dies so mit emotionsgeladenem Spiel. Und last but not least Brandon Routh (der Superman Returns Superman, der ja nicht gerade Lorbeeren erntete) als dusseliger Böser Ex Nr. 3 Todd Ingram, der die wohl unerwartesten Lacher bringt. Auch den Rest der bösen Ex-Freunde ein Lob, insbesondere Jason Schwarzman als überraschend teuflisch-charmanter Oberfiesling Gideon Graves.
Zuletzt noch ein paar kurze Worte über den Film als Buchadaption (ich könnte Seitenweise über die Unterschiede schreiben, aber ich erspare euch das): Dafür, das der Stoff von 6 Büchern á ca. 180 Seiten in zwei Stunden zusammengefasst wurde, kann man sich trotz unzähliger Schnitte nichts besseres wünschen (wenngleich nur 3 Bücher akkurat verfilmt wurden und der Film danach eine höchstens ähnliche Richtung einschlägt).
Obwohl der Film sein bestes tut alles mögliche aus dem Ursprungscomic zu rezitieren oder anzudeuten, hat der Film aber klar Witz und Action als Prioriät. Die tiefgreifenderen Themen der Bücher über Beziehungen im Allgemeinen, das Erreichen emotionaler Reife und dem akzeptieren seiner eigenen Vergangenheit sind zwar im Film wiederzufinden, werden aber etwas begraben unter dem Spektakel.
Bei Scott Pilgrim ist das jedoch nicht soo schlimm, und als Film funktioniert er sowohl als Adaption als auch als eigenständiger Film prima, auch wenn man sich in beiden Dingen durchaus an Kleinigkeiten aufhängen kann.
Fazit: Scott Pilgrim vs. the World tritt Hintern, ist Awesome, und alles in allem einfach nur exzellent. Es ist, dank seiner Präsentation und seinen Visuellen Elementen auf eine recht spezielle Zielgruppe ausgerichet, weshalb die Gefahr besteht, das man diesen Film einfach nicht "versteht", aber wenn man das tut, wird exzellent unterhalten und macht einfach nur Spaß. Spaß, wie man ihn nur selten erlebt.
That said, tut es mir sehr leid das der Film erst 2011 wieder in DE auftaucht, aber wenn ihr in den nächsten Monaten mal im Ausland landet, oder die DVD/BR in UK erscheint, darf man diesen Film wenn man auch nur das kleinste bisschen Interesse hat einfach nicht vermissen.
I love it, und ich habe das Gefühl ich könnte noch ewig weiterschreiben wie toll ich den Film finde.
P.S. Wer sich ärgert den Film heute nicht gesehen gehabt zu haben, findet vielleicht trost darin das der Film rein vom Kino bzw dem Projektor her ziemlich mies war.
EDIT P.P.S.: Eine Sache die etwas ärgerlich war was das Ende (nicht der Showdown, der war großartig), welches trotz das es Sinn machte in gewisser Weise forciert wirkt, aber darüber kann ich nicht reden ohne massiv zu spoilern.