Der Soldat James Ryan
D-Day: Captain Miller und seine Einheit landen in der Normandie und ihnen wird buchstäblich der Arsch weggeschossen.
Iowa: Mutter Ryan erhält die traurige Nachricht, dass drei ihrer vier Söhne im Krieg gefallen sind. Weil das ganz schön doof ist, entscheidet sich die militärische Führung, den letzten lebenden Ryan-Sprößling, James, nach hause zu holen. Dieser ist irgendwo über Frankreich abgesprungen. Captain Miller und sein dreckiges Dutzend sollen ihn suchen. Peng, Peng, Kawumm!
Steven Spielberg hat einen dreckigen Hochglanz-Kriegsfilm gedreht, der Seinesgleichen sucht. Ein vermutlich unglaublich teurer Cast mit Tom Hanks, Matt Damon, Tom Sizemore, Vin Diesel usw. ballert sich effektvoll durch Frankreich und erlebt dabei die Schrecken des Krieges.
Diese werden enorm plakativ dargestellt und Zuschauer können sich besonders in der legendären Landungszene zu Anfang auf viele abgetrennte Körperteile freuen. Ein Soldat, der seine austretenden Gedärme festhält, ein anderer, der statt eines Gesichtes ein klaffendes dunkles Loch trägt. Toll! Danach hat niemand mehr Bock auf Krieg, was ja auch Spielbergs Intention war.
10/10
...würde es geben, doch jetzt kommt das ABER. Und dieses ABER sollte an sich noch viel größer hier stehen und rot blinken, denn es ist eines der größten ABER der Filmgeschichte!
Nachdem hier also 20 Minuten drauf losgemetzelt wurde als gäbe es keinen morgen und der Zuschauer im Kinosaal sich schon drei mal übergeben hat und eine im Kinosaal herumgereichte Petition zur Abschaffung der Bundeswehr unterschrieben hat, macht Spielberg einen gigantischen Fehler:
Er fällt zurück in all die verlogenen Moralvorstellungen, die seit jeher den typischen Kriegsfilm ausmacht. Da wird Brüderlichkeit, Einheit, Pflichtbewusstsein, Ehre, Disziplin und natürlich der glorreiche Kampf für Freiheit propagiert, dass von der Leinwand eine triefende Schicht Anbiederungs-Schleim heruntertropft.
Die völlige Sinnlosigkeit der Mission, für einen einzelnen Soldaten eine ganze Einheit in den Tod zu schicken, wird komplett umgekehrt. Denn wenn man für den Einzelnen kämpft, kämpft man auch schließlich für die Freiheit und damit auch für die schicke Flagge, die in der letzten Einstellung des Films stolz im Sonnenuntergang weht. Da weint ein gealterter James Ryan 50 Jahre später am Grab seiner Retter und steht noch einmal stramm zum Gruß, während im Hintergrund seine Bilderbuchfamilie steht. So viel Kitsch ist unerträglich.
Welche Lektionen gibt uns dieser Film sonst mit? Das edelmütige Amerikaner nie ihre Menschlichkeit vergessen und einen besiegten Nazi ziehen lassen, nur damit dieser Unmensch später seine Befreier tötet? Tolle Wurst.
Wenn Spielberg sich einmal darauf geeinigt hätte, was er denn mit dem Film bezwecken will, hätten wir einen ganz tollen Film, egal welche Richtung er eingeschlagen hätte. So versucht er aber allen zu Beginn weiß zu machen, dass es sich um einen Antikriegsfilm handelt, was blanker Hohn ist!
Diese moralische Schweinerei macht es schwierig, den Film zu bewerten. Handwerklich ist dieser nämlich nahezu perfekt, der Cast spielt erstklassig, Musik toll, spannend bis zuletzt und so weiter...
So ringe ich mich mal für einen dicken Abzug von drei Punkten durch, kann aber auch durchaus verstehen, wenn manch einer diese Verarsche mit 0 Punkten abstraft.
7/10