Habe es am Wochenende durchgespielt.
Alles in allem habe ich viel gemocht, aber hatte auch so meine Probleme mit dem Titel.
Ein paar Sachen Vorweg:
- Ja, das Spiel ist recht kurz (auch wenn einige Difficulty Spikes das Spiel länger machen als es ist), aber angesichts dessen das es auch nicht sonderlich Abwechslungsreich ist die Länge hier nicht das konkrete Problem.
- Die Demo ist repräsentativ für das Gameplay, aber weder für die Optik noch für die Story des Spiels.
- Multiplayer wurde nicht gespielt weil warum auch?
Aufjedenfall und vorneweg kriegt Spec-Ops aufjedenfall ein offensichtliches Lob für sein Konzept eines gänzlich unheroischen Kriegsspiels und sich zu trauen den Spieler dafür anzuklagen das zu tun was das Spiel von ihm verlangt (was weitaus besser funktioniert als in Michael Hanekes surrealem Meckerhorror Funny Games)
Schade ist nur, das es lange braucht um dahinzukommen. Ich sehe was sich die Entwickler dabei gedacht haben, die erste Hälfte des Spiels eher in eine Call of Duty: Modern Warfare Handlung zu verpacken (= generisch mit klaren Feindbildern, vorhersehbarem Verrat und nur kurzem Aufblitzen moralischer Schockmomente der Kontroverse wegen) bevor das Spiel Richtung Ende in seine dekonstruktiven Vollen geht. Aber wenn man schon ein gutes Dutzend gewöhnlicher Militärshooter gespielt hat braucht man nicht eine so lange Zeit um sich in falsche Sicherheit wiegen zu lassen (vorallem wenn man eh weiß das diese nicht anhält und man sich das Spiel konkret deswegen gekauft hat).
Auch schade ist das die vielversprechenden unfairen moralischen Entscheidungen nicht nur im Spiel selten anzutreffen, sondern auch inkonsequent umgesetzt wurden. Nur eine dieser hat meiner Meinung nach gut funktioniert und schlimmer noch, die wichtigste Entscheidung im Spiel ist keine, weil einem das Spiel vorschreibt was man zu tun hat, weil andernfalls die Story nicht funktionieren würde.
Und dann halt noch das Gameplay. Ich fands nie wirklich schlecht, bis auf 1-2 unfaire Stellen, aber es kommt nur sehr sehr selten über den Durchschnitt hinaus und wäre es nicht der Story halber wäre das angesichts der zahlreichen Konkurrenten keinen weiteren Blick wert.
Aber kommen wir zu den Sachen die mir gefallen haben:
Positiv überrascht war ich vom Leveldesign und der Optischen Aufmachung. Rein technisch mag die Grafik keinem vom Hocker reißen, aber wer den Titel als typisch graubraunen Pseudorealismus abtut, tut dem Spiel unrecht. Wenngleich im Sandsturm-versunkenen Dubai der bräunliche Sand klar dominiert schafft es das Spiel durch seine megalomanische Levelvorlage, der ständig präsenten und voluminösen Wüste, einigen sehr hübsch detaillierten, aber leicht zu übersehenden "Monumenten" sowie den kurzen Kontrasten, in denen man den absurden Luxus noch halbwegs erhalten zu sehen bekommt, eine optisch prägnante Präsenz zu haben. Auf bizarre Art schön scheußliche Momente wie ein Highway an dem an jeder Straßenlaterne erhängte Soldaten wie ein riesiges Mobile herumbaumeln tun ihr übriges.
Auch mochte ich die vielen kleinen Details, in der die Präsentation mit der Story einhergeht. Die Art in der die drei Protagonisten sich im Laufe des Spiels verändern ist durch ihren Look und der Art wie sie Reden ist toll umgesetzt. Die Dialoge zwischen den anfänglich absichtlich stereotypen Soldaten die im Laufe der Zeit langsam "kaputtgehen" ist mit das beste am Spiel, und Kleinigkeiten wie die sich langsam veränderten "Tipps" in den Ladebildschirmen, die Art wie Walker's spielergesteuerte Befehle sich von cooler Professionalität über wütende Schimpftriaden bis hin zu kaum verständlichen Grunzen und Gröhlen zum Ende (Nolan North verdient hier nur Lob für seine Arbeit) sowie kurze Dialogmomente und die oft besprochenen Exekutionsanimationen zeigen Liebe zum Detail und lassen das Gesamtbild plastischer dastehen.
Uund nu komme ich dann auch mal zur Story, bei der ich trotz allem gemischte Gefühle habe.
Wie Eingangs gesagt, sie verdient schon quasi vorweg Lob, und auch wenn sie nicht meine Erwartungen enttäuscht, so hätte ich doch oft mehr erwartet. Apocalypse Now, nebst dessen Vorlage Heart of Darkness die offensichtliche Grundlage für das Spiel, trumpft gegenüber anderen Kriegs- und Anti-Kriegsfilmen mit seiner fiebertraumartigen Atmosphäre durch, die schon in den ersten Bildern präsent ist. In Spec-Ops wird eine solche Atmosphäre auch versucht vermittelt, doch schon allein durch den plötzlichen Umschwung zum Ende des Spiels fühlt es sich mehr an als schaltet man unvermittelt von "Soldat James Ryan mit sanft hinterfragendem Zynismus" zu "Jacobs Ladder auf Acid".
Oft hat man das Gefühl, das Spiel redet viel aber hat wenig zu sagen. Eine intelligente und durchdachte Botschaft ist da, doch diese wird nicht immer ideal vermittelt.
Unstimmig bin ich mir auch noch bei der grundsätzlichen Handlung.
Objektiv betrachtet macht diese nicht wirklich viel Sinn, aber es ist gleichzeitig unbestreitbar das dies auch irgendwie ein elementarer Teil des Spiels ist.
Das Ende hat eine Plotwendung die schon viel zu oft in Geschichten verwendet wurde, aber hat auch etwas subtil subversives an sich.
Und auch wenn die verschiedenen Enden wenig klarheit bieten und selber Logikprobleme haben, so hat man doch eine überraschend große (Aus)Wahl, wie man das Spiel beendet, ohne dabei die Message dahinter zu verdrängen.
....Ich mecker viel über das Spiel, aber alles in allem muss ich es doch empfehlen, allein für den Mut und dem Potenzial dahinter. Die Story hat Probleme, aber diese Probleme sind auf einem höheren Niveau als die meisten Geschichten in Spielen überhaupt erreichen, und sich überhaupt an einem Spiel wie Spec-Ops: The Line zu versuchen könnte ein wichtiger Eckpfeiler sein um Videospiele als respektable Kunstform zu erheben.
Daher nur weiter so.
(Ich bin auch gespannt auf "den anderen Heart of Darkness Shooter" Far Cry 3....der auf dem ersten Blick zwar einen weniger ambitionierten Anschein macht, aber durch seine offenheit gegenüber dem bizarren und seinem offensichtlichen Schwarzen Humor das Potenzial hat, den Kern seiner Vorlagen besser einzufangen und zumindest auf einer Meta Ebene vielleicht umso mehr zu bieten...oder auch nicht. Man kann aber hoffen ^^)
EDIT: Fast vergessen: Ein Interessanter Artikel darüber, das Dubai auch ohne apokalyptische Sandstürme ein überraschend unschöner Ort ist:
http://www.independent.co.uk/opinion/commentators/johann-hari/the-dark-side-of-dubai-1664368.html