Trotz allem Zank und Streit, den ich persönlich mit Mersadion immer wieder hatte, muss ich gestehen: Wo er recht hat, hat er recht. Und in diesem Fall hat er nun mal recht.
Als jemand, der zwar nicht von Anfang an (2000/2001) bei Gamezone dabei war, aber als einer der "Nachkömmlinge" über mehrere Jahren > 5.000 News und mehr als 300 Tests, darunter auch einige offizielle Reviews für Gamezone geschrieben hat, empfinde ich die Äußerung von Schellnkoenig (Online-Chefredakteur W. Fischer) als blanken Hohn. Und zwar nicht nur was mich, sondern auch die vielen anderen (ehemaligen) User-Autoren und natürlich auch freien Redakteure betrifft.
Vorweg: Falls es der Computec-Chefredaktion entgangen sein sollte: Ursprünglich stammten rund 90 %des Contents von Usern. Und hauptsächlich diese waren es - neben einer regen Community in einem (ursprünglich) gut besuchten Forum -, die die Seite über lange Zeit erfolgreich gemacht (= wirtschaftlich) und überhaupt am (Über-)Leben gehalten haben. Sonst wären hier die Lichter nämlich schon viel früher erloschen.
Was hier von "offizieller Seite" als Gründe für die Abschaffung von User-Content genannt wird, ist an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten. Aber der Reihe nach:
So, so: "Schweren Herzens" also hat sich Computec dazu entschlossen, User-Content einzustellen? Rührend, mir kommen die Tränen. ... Tatsache ist, dass Computec seit dem Aufkauf von Gamezone (2011/2012) überhaupt keinerlei Anstrengungen mehr unternommen hat, das (ehemals bewährte) Konzept "Von Spielern für Spieler" zu bewerben. Hatten ich und sicher auch einige andere User anfangs noch die stille Hoffnung, durch die Power einer Markt-relevanten und nicht unerheblichen Größe wie der Computec Media AG würde Gamezone zu neuen Höhenflügen ansetzen (oder zumindest das alte Level halten), so wurden diese Erwartungen schon schnell bitter enttäuscht. User-Content wurde nicht nur nicht offensiv beworben (was bereits ein Fehler war), sondern stattdessen immer mehr "abgeräumt" (was ein noch größerer Fehler war). Ausdruck fand dies vor allem in einem völlig desolaten Zoni-Shop (wenige und hoffnungslos überalterte Games, völlig überteuerte Spiele-Zeitschriften, die sich nicht einmal einer Klo-Lektüre würdig erweisen etc.) und Lieferzeiten, die jenseits von Gut und Böse lagen (meist musste man umständlich "hinterher-mailen", weil die bestellten Artikel nach über einem Monat noch immer nicht eingetroffen waren). Soll heißen: Maßnahmen, die als Anreize für User-Beteiligung bzw. User-Content dienen könnten, sehen anders aus. Sie sahen auch mal anders aus - bevor Computec kam.
Die User-Artikel waren also "inhaltlich und sprachlich" so unzureichend, dass sie bei "bestem Willen in der ursprünglichen Form" nicht verwendet werden konnten. Interessant. Fragt sich nur, warum sie dann überhaupt von so vielen gelesen wurden (selbst für die User-News zu einem Nischen-Titel erhielt man hier in besseren Zeiten, also vor der Übernahme durch Fürth, teilweise über 10.000 Klicks), was man von dem lieblosen Computec-spezifischen Copy-&-Paste-08/15-Einheits-Geschreibsel offenbar nicht sagen kann, wenn man die Entwicklung der Klicks und Besucherzahlen von Gamezone nach dem Verkauf genauer betrachtet. Ich bin der Überzeugung: die heute Verantwortlichen hatten grundsätzlich kein Interesse mehr an User-Content. Ein Zeitproblem? Mangel an Personal? In demZusammenhang wohl kaum. Denn gerade weil zuletzt nur noch sporadisch User-Artikel eingegangen sind, wäre es kein Problem gewesen, die wenigen Sachen nebenher freizuschalten. Dazu braucht man keinen Stab von (zusätzlichen) Mitarbeitern.
"Qualitätskontrolle" gab es auf Gamezone immer schon. Auch die früheren User-Artikel wurden von der damaligen Redaktion (Pitlobster & Co.) vor Freischaltung überprüft, gegengelesen, wenn notwendig korrigiert - und ggf. abgelehnt. War man in den Anfangsjahren zugegebenermaßen etwas weniger wählerisch mit der Annahme von User-Artikeln und recht großzügig bei der Vergabe von Punkten und Zonis, so hat Gamezone ab 2005/2006 deutlich angezogen. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass spätestens ab da nicht mehr alles freigeschaltet wurde. Vor allem dann nicht, wenn es sprachlich und inhaltlich unzureichend war. Zu diesem Zeitpunkt verfügte Gamezone allerdings noch über eine entsprechende Personaldecke. Die hat man natürlich nicht (mehr), wenn man eine Spiele-Website erst vor die Hunde gehen lässt, dadurch immer mehr Besucher, Leser und (User-)Autoren verliert und als logische Folge dessen dann auch noch die letzten (fest-)angestellten Redakteure feuern muss, weil eine solchermaßen heruntergewirtschaftete Seite - welch Wunder - keine ausreichenden Einnahmen mehr generiert.
Was die rein sprachliche Seite betrifft: Man mag Otto-Normal-User nachsehen, dass er nicht über die stilistischen Qualitäten eines Thomas Mann oder die Dichtkunst eines Johann Wolfgang v. Goethe verfügt, aber das trifft auf hauptberufliche Spiele-Journalisten auch nicht bzw. immer weniger zu. Was ich hier und auf anderen Computec-Seiten mittlerweile lese, ist in der Summe weder sprachlich (besonders) gut formuliert, noch sonderlich informativ. Der meiste liest sich wie flüchtig dahin getippt (oft wird nur noch ein 08/15-Video drunter geklatscht) - das entspricht halt der Wirklichkeit eines heutigen extrem Tempo-reichen (Redaktions-)Arbeitsalltags. Besonders abwechslungsreich ist das Dargebotene auch nicht - zumal dann nicht, wenn auf allen Computec-Seiten dasselbe steht.
Ich selber habe hier in den letzten Jahren fast ausschließlich Leser-Tests und "Gamezone-eigene Reviews"gelesen, also die Texte von Usern und "Freien". Die Tests von Computec waren bzw. sind mir inzwischen viel zu oberflächlich und deren Wertungen für mich oft nicht nachvollziehbar (sinngemäß gilt das allerdings für nahezu alle Spiele-Magazine, egal ob Print oder Online). Außerdem hatte ich bei den User-Autoren und freien Redakteuren (die ja im Prinzip auch "nur" User sind) immer den Eindruck, dass sie das behandelte Game wirklich intensiv gezockt haben. Das Gefühl habe ich bei den "professionellen Redakteuren" schon lange nicht mehr. Bei vielen merkt man, dass sie die Titel oft nur an-gezockt haben. Raus kommen dabei oftmals äußerst mittelmäßige Tests, die alles andere als "informativ" sind. In ihrer Substanz sind sie für mich, in meiner Eigenschaft als Leser, in vielen Fällen nahezu wertlos. Und auch deshalb geben viele Spieler immer weniger auf das Urteil "echter Spiele-Journalisten". Der User-Tester hat(te) immer den unschätzbaren Vorteil, dass er mehr Zeit mit einem Spiel verbringen kann, weil er nicht unter dem enormen Druck eines Abgabe-Termins und den sonstigen Zwängen der redaktionellen (hektischen) Arbeitswelt steht und auch keinerlei Rücksichten auf Publisher, Werbekunden usw. nehmen muss, die ihn in seinem Gesamturteil beeinflussen könnten.
Bis heute behaupte ich: Wer "ungefilterte Meinungen" hören bzw. lesen will, der kann auf User-Content nicht verzichten. Das "laienhafte" Review eines 17jährigen Jugendlichen kann dabei durchaus gehaltvoller sein als das "große Review" eines 35jährigen hauptberuflichen Redakteurs, den es als ehemaligen Studienabbrecher vor vielen Jahren, als die Branche noch boomte und die Redaktionen noch Haufenweise Leute einstellten, mal in den Spiele-Journalismus verschlug, weil ihm nix anderes übrig blieb und der - da man ja im Grunde genommen nix Gescheites gelernt hat - rein formal gesehen nicht einmal Hilfsarbeiter-Status hat.
Große Spiele-Websites wie 4players (seit wenigen Jahren ebenfalls zu Computec gehörend) und gamestar.de bieten ihrer Community bis heute die Möglichkeit, eigene Lesertests einzureichen. Aber ausgerechnet auf gamezone.de glaubte man irgendwann, darauf verzichten zu können. Übrigens: Im Vergleich zu anderen Websites stehen/standen die GZ-Lesertests nicht schlecht da. Wer das nicht glaubt, muss sich als Vergleich nur mal Leser-Reviews auf diversen anderen Spiele-Websites zu Gemüte führen.
Bis heute erschließt es sich mir nicht, warum Computec Gamezone seinerzeit überhaupt übernommen hat. Ich meine, ich kaufe mir doch keine Pizza, stelle sie ab, und wenn sie kalt und ungenießbar ist, schmeiß ich sie weg. Computec hätte aus der Seite noch richtig was machen können. Das Potential war da. Auch die Bereitschaft zur Mitarbeit (dass die Hälfte der bisherigen Autoren grundsätzlich nicht weitermachen wollte, möchte ich stark bezweifeln). Stattdessen wurden die positiven Dinge nach und nach weggeschlagen, sämtliche Alleinstellungsmerkmale über Bord geschmissen, Warnungen vor eben dieser Entwicklung (siehe ältere Forumskommentare einiger User) konsequent ignoriert, Veränderungen durchgesetzt, die größtenteils nur Verschlechterungen waren und von der Masse der Leser/Spieler nicht angenommen wurden, wie der dramatische, d.h. imVergleich zu anderen Spiele-Websites überdurchschnittlich starke Rückgang der Besucherzahlen während der letzten Jahre schließlich gezeigt hat.
Ein Positivum: Immerhin gab es hier mal eine offizielle Stellungnahme des Online-Chef-Redakteurs. Sonst hüllt man sich ja eher in Schweigen. Weniger schön: Dass er indirekt die Schuld bei den Usern sucht, deren Arbeit angeblich nicht gut genug war. Man könnte, wenn man sowas liest, fast meinen: die ganze Arbeit war für'n Arsch. Warum also solche "Antworten"? Vielleicht, um von Computec-internen Umstrukturierungen und dadurch bedingten Fehlern abzulenken. Kein guter Stil - weder rhetorisch (sprachlich), noch vom Inhalt her.
Nachsatz: Auf der GZ-Startseite (weiter unten, rechter Rand) werden Lesertests immer noch beworben ("Werde Redakteur: Schreibe eigene Lesertests..."). Und das Impressum weist immer noch Peter Grubmair (Pitlobster) und Michael Sosinka (DataBase) als Online-Redakteure aus. Das ist nicht nur unprofessionell und "nicht informativ". Es ist die pure Verarsche.