Der Thread kommt zur richtigen Zeit, heute war wieder einer von solchen Tagen...
Noch mitten in der Nacht für Klausur gelernt. Es geht Rechnungslegung und Prüfung und Unternehmensbesteuerung. Ziemlich harter Prof - hat einen Studenten exmatrikulieren lassen, weil er in einer Diplomarbeit einen Absatz von übernommen hat, ohne das als Zitat zu kennzeichnen. Da studiert man 4 oder vielleicht noch mehr Jahre und steht vor dem Nichts, weil man eine beschissene Fußnote vergessen hat...
Naja, mein Problem sieht anders aus. 4:00 Uhr morgens, Klausur um 15:00 Uhr und ich fühle mich (wie vor fast allen Klausuren) unvorbereitet. Lernen bringt auch nichts mehr - nachdem ich mich 2 Wochen recht intensiv (6 Stunden täglich im Schnitt) vorbereitet habe und die letzten 2 Tage nichts anderes mehr gemacht, als gelernt habe, ist die Speicherkapazität meiner geistigen Platte überschritten. Noch eine Stunde "Klonk" von Terry Pratchett gelesen, das zum Ende hin immer besser wird. Eigentlich habe ich trotzdem keine Lust mehr auf das Buch, weil ich 2 neue im Regal stehen habe, die mir sagen "liesmichliesmich!". Irgendwie reizen mich Sachbücher mehr, als Romane... Letztendlich bin ich doch bei Klonk gelandet, weil ich hier schon 3 angefangene Bücher herumliegen habe, die irgendwann nochmal durchgelesen werden müssen. Also, meine erste Stunde wirkliche Freizeit am Tag beginnt und ist um 5:00 Uhr morgens vorbei. Schlaf! Morgen ist ein wichtiger Tag.
Um 9:30 klingelt der Wecker. Lernen? Nö, in ner Stunde vielleicht. Weitergeschlafen bis kurz vor 11. Mitbewohner braucht ewig unter der Dusche und ich muss schiffen, als hätte ich einen Kasten Bier intus.
Duschen, fertigmachen und auf zum Supermarkt um die Ecke. Sushi holen. Sushi ist das BESTE vor Klausuren. Kohlehydrate für's Gehirn, wenig Fett (Blut bleibt im Kopf und nicht im Magen) und Omega-3-Fettsäuren. Ich steh vorm Sushi-Regal. Sushi ist alle... Ausverkauft? Nach dem Wochenende noch nicht neu ins Regal gestellt? Klasse. Fängt ja schonmal gut an... Und der Vietnamese um die Ecke hat auch noch zu. Hilft nix. Ab zum Bäcker um die Ecke und so ein Ding mit Pudding drauf gekauft und noch was, das sie in meiner Heimat Heidesand nennen und eigentlich gut schmecken sollte, es aber in Bremen einfach nicht tut. Ab zurück in die Wohnung, essen, lernen. Lernen klappt nicht mehr, zuviel Input in den vergangenen Tagen. Ich zwinge mich trotzdem noch weiterzumachen, Klausur ist wichtig und ich will mir meinen Einserschnitt nicht versauen. 1 1/2 Stunden vor der Klausur: Packen und zur Uni fahren. 3x überprüft, ob ich auch alles mit habe. Gesetzestexte? Textmarker? Kugelschreiber? Taschenrechner? Gesetzestexte? Textmarker? Kugelschreiber? Taschenrechner? Gesetzestexte? Textmarker? Kugelschreiber? Taschenrechner? Alles da - ab die Katze.
Am Hauptbahnhof fährt mir die Straßenbahn vor der Nase weg - 10 Minuten Wartezeit. Egal, frische Luft tut gut. 20 Minuten später im Hörsaal der Uni - die Leute unterhalten sich schon vor der Klausur, wie sie spicken werden. Alle verteilen hilfreiche Tipps, wie man am besten die Aufsicht verarscht (Spicker in Taschentuch schreiben und reinschniefen, wenn die Aufsicht vorbei kommt - da guckt garantiert keiner mehr rein, war mein Favorit). Deutschlands Elite, hm? Lustig anzuhören, aber beschissen, wenn man, wie ich, konsequent auf Spicken verzichtet und die Klausur ehrlich schreibt. Erwischt wird eigentlich nie jemand...
Komilitone, der eigentlich auch schreiben wollte, taucht nicht auf. Dafür ist ein alter flüchtig Bekannter da, mit dem ich seit Ewigkeiten nichts mehr zu tun hatte. Zwinkert in meine Richtung und kommt auf mich zu. Ich schaue total verplant und hab keine Ahnung, was hier los ist. Klausuraufsicht kommt rein. Herr L vom Lehrstuhl Internationales Management und eine Frau, die so aussieht als würde sie gleich einen Konrollflug auf ihrem Besen machen, um zu schauen, ob auch alle schön brav sind. Sehr gut. Herr L gibt die Klausurrichtlinien vor (jeder Täuschungsversuch wird bestraft (jaja, klar...)) und hat keine Ahnung von gar nichts. Gibt falsch vor, wie die Gesetzestexte markiert werden durften. Für Kurze Zeit helle Aufregung im Hörsaal.
Dann werden die Klausuren ausgeteilt (2-teilig. Eine für Unternehmensbesteuerung, eine für Rechnungslegung und Prüfung). Ich fange mit Unternehmensbesteuerung an, weil das Deckblatt grün ist und grün die Farbe der Hoffnung ist - man ist ja Optimist. 1. Seite: Kennzeichnen Sie die Steuerverflechtungen 2007 und nach der Unternehmenssteurreform 2008. BAMS!, Baby. Die ersten 10 Punkte eingesteckt. Der Rest des Klausurteils auch easy. Bin guter Dinge. Dann Rechnungslegung. Rotes Deckblatt. Kurz überfliegen. Rechnungsabgrenzungsposten? Stille Reserven? Forderungsbewertung?! Nicht oder schlecht gelernt, aber dafür einige der anderen Sachen.
Alles in allem Klausur ganz ok. Kein Überflieger, aber wahrscheinlich 2,7-3,3 - für so eine schwere Klausur noch ertragbar.
Nach Abgabe noch kurz mit 2 Kommilitonen unterhalten. Es geht nochmal ums Spicken. Ich höre von einem Härtefall, bei dem einer sich vor der Klausur Klausurbögen organisiert und mit Bleistift willkürlich Aufgabenantworten aus alten Klausuren vorgeschrieben hat. Der Typ saß in der Klausur und hat kein Wort geschrieben, nur radiert. Hätte mich totlachen können.
So, die Welt sieht wieder rosiger aus. Schön Pizza und Becks geholt, nach Hause, mit Mitbewohner Bierchen getrunken (ich 5, er eins) und King of Queens gesehen. Danach pennen, Aufstehen, den Schwachsinn hier schreiben und für die nächste Klausur nächste Woche lernen...