Die Frau betreibt Kulturkritik, wie es hunderte andere Wissenschaftler auf der Welt auch tun und schon vor ihr taten. Sie ist in wissenschaftlichen Kreisen anerkannt, ihre Methodik entspricht den geläufigen Standards. Man könnte ihr einzig vorhalten, dass es sogar zu sehr essayistisch ist und daher nicht genug Unterhaltungsfaktor für das Videoformat bietet. Das was sie tut, taten schon tausende vor ihr zu verschiedenen Medien und Themen. Es gibt zig Untersuchungen zu Sexismus in Buch, Film und Musik. Nur ist mir nicht bekannt, dass auf Literatur-, Film- oder Musikkritiker jemals so eingedroschen wurde.
Das Image des marodierenden Pöbels hat sich da ein Teil der Gamerschaft selbst schön aufgebaut und braucht sich daher beim nächsten bösen Bericht gar nicht beklagen. Man erntet ja bekanntlich, was man sät. Die vielen Antwortvideos auf YouTube sind größtenteils lächerliche pubertäre Wutausbrüche mit unausgegorenen Scheinargumenten. Dafür erntet man vielleicht Beifall beim restlichen, pöbelnden Haufen, aber nicht bei geisteswissenschaftlich ausgebildeten Menschen. Da die meisten Journalisten aber genau das sind, wird ja auch mittlerweile unter #gamergate eine globale Verschwörung der Journalie vermutet. Die reaktionären Brüllaffen können einfach nicht kapieren, dass die Presse Sarkeesian größtenteils zurecht unterstützt und wittern Verrat.
Wer ein Problem mit ihr hat, sollte erstmal bei sich selbst nach dem Grund suchen. Zum Beispiel hilft es schon, eines ihres Videos aufmerksam und ohne Rageface zu schauen. Denn wenn man sich wirklich mühe macht, wird man feststellen, dass sie 1.) niemandem das Spielen verbitten will, 2.) will, dass jeder beim Spielen Spaß hat, 3.) auf bestehende Missstände hinweisen und Impulse geben möchte, 4.) niemanden je gezwungen hat, sein Spiel zu ändern.
Und dann sollte jeder sich einmal selbst fragen, warum er so empfindlich auf das Thema reagiert. Denn wenn Instant Rage kommt, wenn jemand sein Hobby konstruktiv kritisiert, ist sicher nicht der Kritiker daran schuld.