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Spielejournalismus

piko

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Ein netter Text zum Thema Spielekritik.

http://kaliban.de/2011/09/zum-zustand-der-deutschen-spielekritik/
 
Den Artikel kannte ich schon .. das ergänzende Wort von Gunnar allerdings noch nicht. Muss sagen, ich bzw. wir finden den Artikel klasse und auch die Denkanstöße! Es stimmt, vieles läuft einfach "schubladig" ab und hat seine Bahnen, die man - aus welchen Gründen auch immer beim Schreiben - nicht oder nur unzureichend verlässt. Wie unsichtbare Schranken und selbst wenn es einem auffällt, i-wie fährt man dennoch zwischendrin rum. Eigentlich schränkt man sich damit selbst ein. Mir/uns jedenfalls hat der Artikel als auch die Ergänzung von Gunnar sehr gut gefallen und ja, wir sehen sie absolut als positive Kritik - immerhin schreiben meine Frau und ich auch Reviews. Ob man sich selbst neu erfinden kann? Ich weiß es nicht, aber man kann sich in jedem Fall Mühe geben, die Dinge versuchen ein Stück weit anders zu betrachten. Wir werden es jedenfalls versuchen - denn am Ende steht immer noch: Games sollen Spaß machen und wenn sie Spaß machen, dann sollte das auch zweifelsfrei rüber kommen und nicht nach Schema F abgehakt werden.

Danke @ piko fürs hier posten!
 
Es gibt aber auch noch einen Gegentext, ebenfalls von einem (ehemaligen?) Redakteur der Gamestar.
http://www.gamersglobal.de/meinung/lieber-christian-schmidt

Der hat auch in einigen Dingen recht.
Als Denkanstoß find ich den Text von Christian Schmidt schon ganz gut, aber für jemand der in der Branche arbeitet wird sowas vermutlich schnell sehr persönlich.

Bin selbst aber auch der Meinung, ein Spieletest sollte ruhig akribisch sein und das Spiel in seine Einzelteile zerlegen. Was hilft mir ein Aufsatz über die "Message" eines Spiels, wenn daraus nicht hervorgeht ob es vom Gameplay her überhaupt etwas für mich ist?
Und dann beschwert sich der Herr Schmidt da, dass man z.B. auf irgendwelche Anspielungen in Richtung Ayn Rand bei einem Bioshock Review nicht genügend eingeht, echt? Also ich fänd es ja ganz nett, wenn Spielejournalismus auch über solche Dinge berichten würde, aber doch bitte nicht im Test des Spiels. In Bioshock rennt man immernoch zu 90% mit der Waffe rum und schießt Leute tot, also sollte es auch in einem Test zu ca. 90% darum gehn wie das abläuft, oder?

Ich finde die Idee, dass Computerspiele eine gesellschaftliche Aussagekraft haben zwar irgendwie niedlich, aber mal ehrlich: Auch wenn der Einfluss gerade bei jungen Leuten sicher hoch ist, gesellschaftliche Aussagekraft und Kunstwert verleiht das den Spielen noch lang nicht.
Deswegen liest man ja auch, wenn man sich mit Objektivismus auseinandersetzen will weiterhin Atlas Shrugged und spielt nicht Bioshock, wie das der Schmidt da so schön fast schon auf eine Ebene gestellt hat.

Weil Spiele es bisher auch noch nicht geschafft haben etwas eigenes zu machen. Die bewegen sich immer nur irgendwo in den ausgetrampelten Pfaden von anderen Medien wie Filmen und Büchern.
 
Miew hat folgendes geschrieben:

Es gibt aber auch noch einen Gegentext, ebenfalls von einem (ehemaligen?) Redakteur der Gamestar.

http://www.gamersglobal.de/meinung/lieber-christian-schmidt


Danke ..
Wobei ich finde, er giftet ein bisschen arg - von wegen getroffene Hunde bellen. ^^ Aber auch er hat ein paar Takte vom Stapel gelassen, die durchaus zutreffend sind. Am besten ist, beides in einen Topf schmeißen, mixen und daraus versuchen ein bisschen was anders zu machen. Sich da jetzt gegenseitig was zuzuwerfen ist auch bekloppt und bestimmte bewährte Geschichten weg zu lassen und dann alles anders machen ist auch Quatsch. Klar müssen Beschreibungen übers Gameplay rein @ Miew - recht haste, ist doch das der essentielle Kern des Ganzen. Das hilft am Ende zu entscheiden ob es taugt oder nicht. Technische Aspekte sind mE. auch wichtig - werden aber in vielen Reviews viel zu schwer gewogen. Ist es zu ausgefallen, ist es nichts, ist es zu grottig, ist es nichts, usw.. Da fehlt die Balance - jedenfalls meine Meinung. Denn ein Game, das spielerisch richtig Laune macht, aber grafisch nicht auf der sogenannten Höhe der Zeit ist, muss nicht übel sein. Daher denke ich sollte man sich schon die Frage stellen, wo man anfängt und wo man aufhört - und das eben vor allem das Gameplay das A und O eines Tests ist, den man denn mit weiteren, nützlichen, witzigen, ergänzenden Details ausschmücken kann.

Ich hoffe nur mal, dass sich die ganze - vorzugsweise auch mehr noch - professionell schreibende Zunft jetzt nicht zu sehr übers Geländer lehnt und sich da gegenseitig den schwarzen Peter zuschiebt. Das bringt am Ende auch nix.
 
Das ist etwas, was ich auch schon länger beobachte und in Teilen auch kritisiere. Ich persönlich bin ja ein großer Fan des amerikanischen "New Games Journalism" und Magazine wie EDGE und Game Informer sind einfach unerreicht. Aber: Beide Magazine werden massivst quersubventioniert, die Leserschaft ist eine kleine Gaming-Elite. Eine, die aus Spielen mehr als nur ein Hobby macht, die sich auch intellektuell, wissenschaftlich, vielleicht auch schon feuilletonistisch (falls es diesen Neologismus gibt^^) damit als Kultur beschäftigt. Es ist durchaus eine Art Elite-Gamesjournalismus, denn jemand, der nur wissen will, ob Bioshock geil ist, wird beispielsweise nicht diese fast 40.000 Zeichen lange Abhandlung über das Spiel, seine Hintergründe und die Frage, ob es eine Dystopie oder Utopie ist, lesen.

Mit der GEE hatten wir den Versuch eines "New Games Journalism" in Deutschland. Aber um ehrlich zu sein, kenne ich NUR GEE-Leser, die auch in der Branche arbeiten. Woraus ich persönlich schlussfolgere: Die Zielgruppe war außerhalb dieses elitären Kreises an Personen, die es satt haben, die immer gleichen Artikel zu lesen, von Veranstaltungen, die sie selbst besucht haben und stattdessen lieber einen anderen Blick auf ihren "Beruf" haben wollten, sehr klein. Mit Kleinstauflagen kann man kein Geld verdienen, und ohne Geld keine guten Journalisten einstellen/engagieren, und ohne kundige Wortakrobaten kein neuer, vorgeblich besserer Journalismus.

Im Endeffekt kann man eigentlich nur eines sagen: Solange Spieler eher wissen wollen, wie ein Spiel funktioniert und was es technisch auf dem Kasten hat, als die kulturellen und kreativen Hintergründe eines Spiels zu ergründen, solange wird es auch keine Nachfrage nach anderen Texten geben. Und irgendwie ist das ja auch eine unserer Aufgaben: Das berichten, was ihr wissen wollt. Wenn man es ganz düster ausdrücken will, kann man sagen, dass jedes Magazin und jeder Journalist das Publikum bekommt, das er verdient. Und umgekehrt.
 
RIPchen hat folgendes geschrieben:

Mit der GEE hatten wir den Versuch eines "New Games Journalism" in Deutschland. Aber um ehrlich zu sein, kenne ich NUR GEE-Leser, die auch in der Branche arbeiten.

Ich habe die GEE gelesen, ohne in der Branche zu arbeiten. Ist mir dann aber zu dumm geworden, die Schreibqualität hat in den letzten beiden Jahren stark nachgelassen und wurde immer primitiver und zugleich prätentiöser, so dass ich das Blatt pünktlich zu seiner Neuauflage abbestellt habe.
 
Ich sehe das Problem darin, einen seitenlangen Test zu lesen, der mitunter wirklich Lust auf das Spiel macht, um dann das Ganze auf eine einzige blöde Zahl zwischen 0 und 100 zu reduzieren. Was sich dann auf Vkz und mögliche Nachfolger auswirkt.

Ich brauche auch keine Gesellschaftskritik in Spielen, im Gegenteil, derartige Interpretationen finde ich zumeist ziemlich lächerlich und bekomme den Eindruck, dass manch ein Spieletester aus einem, verzeihung, popligen Videospiel ein kulturelles Event im Ausmaß einer Biennale machen will.
 
Van_Helsing hat folgendes geschrieben:

Wobei ich finde, er giftet ein bisschen arg - von wegen getroffene Hunde bellen. ^^

Jep. =) Das meinte ich ja mit "schnell persönlich nehmen". Habe übrigens gerade gesehn, dass es auch auf Spiegel Online noch einen anderen Gegentext gibt, von Petra Fröhlich, die auch schon lange Zeit überall Chefredakteurin ist.

Ich persönlich les ja am liebsten Tests die garnicht vorgeben objektiv sein zu wollen, sondern in denen einfach der Autor niederschreibt was er denkt und wieso, und nach Möglichkeit natürlich noch klar macht ob er vielleicht für bestimmte Dinge ohnehin eine Vorliebe hat und das Spiel deswegen bei ihm besser abschneidet oder so. Eben reflektiert, aber doch persönlich. Nur letzteres ist glaube ich für ein Spielemagazin schwer zu bewerkstelligen.
 
TAPETRVE hat folgendes geschrieben:

RIPchen hat folgendes geschrieben:


Mit der GEE hatten wir den Versuch eines "New Games Journalism" in Deutschland. Aber um ehrlich zu sein, kenne ich NUR GEE-Leser, die auch in der Branche arbeiten.


Ich habe die GEE gelesen, ohne in der Branche zu arbeiten. Ist mir dann aber zu dumm geworden, die Schreibqualität hat in den letzten beiden Jahren stark nachgelassen und wurde immer primitiver und zugleich prätentiöser, so dass ich das Blatt pünktlich zu seiner Neuauflage abbestellt habe.


Ich habe die GEE nicht gelesen.

Aber in Sachen "New Games Journalism" lese ich gerne The Escapist, ebem einer Seite, die sich dazu verschrieben hat, Spiele aus einer kulturellen Perspektive zu betrachten.
Leider hat die Seite aber auch über die Jahre stark nachgelassen.
Ursprünglich war's eine reine "digitale Illustrierte" mit Monatlichen/Wöchentlichen Themenpools und Gastschreibern wie Warren Spector (Deus Ex), Jerry Holkins (Penny Arcade) und Tom Chick. Mit dem engagieren von Ben "Yahtzee" Croshaw wurds dann zunehmend zu einer etwas "konventionelleren" Seite, und zuletzt wurden die Wöchentlichen Ausgaben abgeschafft und wichtige Spielkultur-Elemente wie die Webserie Extra Credits durch Finanzstreitigkeiten abgesägt.
Sieht nicht so toll aus für die Zukunft.

Dennoch ist die Seite immernoch sehr relevant in Sachen "New Games Journalism" und wers nicht schon kennt, wird in den erschienenen 312 Ausgaben viele tolle Texte und Essays über Videospiele finden, die weit über simple Re und Previews hinausgehen

http://www.escapistmagazine.com/apps/features/

EDIT: Hatte sogar mal in einer Ausschreibung einen kleinen Text darüber geschrieben, was an The Escapist so besonders ist, der dann auch veröffentlicht wurde. Leider glaube ich würde ich das heute nicht mehr so stehen lassen.
 
Miew hat folgendes geschrieben:

Ich persönlich les ja am liebsten Tests die garnicht vorgeben objektiv sein zu wollen, sondern in denen einfach der Autor niederschreibt was er denkt und wieso, und nach Möglichkeit natürlich noch klar macht ob er vielleicht für bestimmte Dinge ohnehin eine Vorliebe hat und das Spiel deswegen bei ihm besser abschneidet oder so. Eben reflektiert, aber doch persönlich. Nur letzteres ist glaube ich für ein Spielemagazin schwer zu bewerkstelligen.

Das geht theoretisch sehr gut, aber eben nur mit einer anständigen Redaktion-Kunde-Bindung. So wie es früher bei der GameStar ja durchaus war. Mick Schnelle war der Mann für Simulationen, das hat man gewusst und auch seine Vorlieben gekannt. Wenn Mick Schnelle also ein Spiel spielt und es aus diesen und jenen Gesichtspunkten mochte oder nicht, dann konnte ich auf mich zurückschließen, dass könnte mir auch gefallen oder nicht, weil ich das was der Schnelle findet auch so sehe oder nicht. Je höher die Autorenfluktuation aber wird, vor allem durch Freie Redakteure oder Praktikanten, die mal hier, mal da auftauchen, aber nicht durchgehend, dann wird es schwierig, sich mit den meinungen und Vorlieben eben dieser selber zu identifizieren. Und ich glaube, bisher ziehen wir das auch bei uns ganz gut durch. Wenn Pitlobster ein Rennspiel testet, dann weiß man durch seine vorherigen Tests, durch seine Foreneinträge und auch dadurch, dass man mit ihm auch mal ne Runde online racen kann, sehr wohl, welche Maßstäbe er da anlegt. Gleiches gilt bei mir und Shootern. Oder BigJim und Strip-Poker-Simulationen. Oder Tom31Ush und Sportspielen.

Und der Gedanke, man müsste ein Heft oder eine Seite, auf eine Redaktionslinie bringen, so wie es einige der Großen später getan haben, ist meiner Meinung nach falsch. Wenn ich einen Text allein daran erkenne, wer ihn geschrieben hat und durchaus unterschiedliche Texte in einem Heft finde, dann spricht mich das eher an, als ein auf Gleichschritt getrimmtes Heft, mit dem ich mich aber Null als Gamer identifizieren kann.

edit: Petra Fröhlichs Beitrag auf SpOn findet ihr übrigens hier:
http://www.spiegel.de/netzwelt/games/0,1518,784689,00.html
 
RIPchen hat folgendes geschrieben:
(...)
edit: Petra Fröhlichs Beitrag auf SpOn findet ihr übrigens hier:

http://www.spiegel.de/netzwelt/games/0,1518,784689,00.html
Danke, der Artikel hat mir sehr gut gefallen, liegt er doch ein wenig in der Mitte dessen was Hr. Schnelle oder Hr. Schmidt von sich geben.

Die Aussage in der Überschrift kann ich für mich voll unterschreiben, ebenso die Aussage, dass Spiele der Unterhaltung und Zerstreuung dienen (sollen).
 
TAPETRVE hat folgendes geschrieben:

RIPchen hat folgendes geschrieben:

Mit der GEE hatten wir den Versuch eines "New Games Journalism" in Deutschland. Aber um ehrlich zu sein, kenne ich NUR GEE-Leser, die auch in der Branche arbeiten.

Ich habe die GEE gelesen, ohne in der Branche zu arbeiten. Ist mir dann aber zu dumm geworden, die Schreibqualität hat in den letzten beiden Jahren stark nachgelassen und wurde immer primitiver und zugleich prätentiöser, so dass ich das Blatt pünktlich zu seiner Neuauflage abbestellt habe.



Ich war (bis letztes Jahr glaube ich) auch ein GEE-Leser, der nicht in der Branche gearbeitet hat. ;)

Aber okay, ich bin auch schon wieder weg hier, da ich eher zufällig hier gelandet bin.
Ist sehr interessant sich hier durch die Posts zu lesen, aber ich komme mir grad wie in einem Elite-Club vor; irgendwie fehl am Platz. :)

In diesem Sinne: Die GEE habe ich übrigens aufgehört zu lesen, weil zum einen "professionelle Tests" mich nurnoch ganz ganz selten zu einem Kauf anregen oder halt abhalten (da lese ich viel lieber einen gut geschreibenen Ersteindruck oder User-Test im Netz) und zum anderen mir das Ding ganz einfach zu teuer wurde. - Professionelle Spieletests bekomm ich auch im Netz umsonst. ;)
Aber das Testsystem der GEE - die nicht vorhandene Endnote (in welcher Form auch immer) - ist meiner Meinung nach das Beste was es gibt.
 
TAPETRVE hat folgendes geschrieben:

RIPchen hat folgendes geschrieben:


Mit der GEE hatten wir den Versuch eines "New Games Journalism" in Deutschland. Aber um ehrlich zu sein, kenne ich NUR GEE-Leser, die auch in der Branche arbeiten.


Ich habe die GEE gelesen, ohne in der Branche zu arbeiten. Ist mir dann aber zu dumm geworden, die Schreibqualität hat in den letzten beiden Jahren stark nachgelassen und wurde immer primitiver und zugleich prätentiöser, so dass ich das Blatt pünktlich zu seiner Neuauflage abbestellt habe.


Geht mir ähnlich. Auch die EDGE hab ich gern gelesen, was aber auch abgeflacht ist.
 
Habe den Artikel grade gelesen und finde ihn echt exzellent. Ich habe selten so eine treffende Analyse gesehen. Vor allem die Forderungen unterstreiche ich gefühlte 10x.

Ich finde echter Spielejournalismus sollte das gesamte Thema kulturell anpacken. Was hat Half Life 2 so besonders gemacht? Warum war Bioshock außergewöhnlich, und was kann ich dabei über Architektur lernen? Wo sind die Tests, die auch Spiele wie Sword&Sorcery zu 100% ernst nehmen und nicht mit einem "für ein Handy nicht schlecht" versehen.

Zu jedem Spiel - zu wirkllich *jedem* gibt es ab der ersten Sekunde, in der Regel schon Wochen davor, unzählige YouTube-Videos, die mir absolut jede Frage zum Gameplay beantworten. Und alles, was ich in einer Spielezeitschrift an "Neuigkeiten" lese, hab ich schon lääääääängst im Netz gelesen. Dafür muss ich mir keine Zeitschrift kaufen.

Ich behaupte nicht, dass die den kulturellen Anspruch (immer) erfüllen, aber ich finde, die Spieleveteranen des gleichnamigen Podcasts gehen in diese Richtung - die beleuchten Hintergründe, stellen Zusämmenhänge her und besprechen Spiele, die es wert sind, gespielt zu werden, auch wenn sie 15 Jahre alt sind.

Also mir spricht der Artikel, vor allem die Forderungen, vollkommen aus der Seele, und dann würde ich endlich wieder Magazine kaufen können. Das mach ich nämlich eigentlich sehr gern ....
 
/ Elias / hat folgendes geschrieben:

Ich finde echter Spielejournalismus sollte das gesamte Thema kulturell anpacken.

Inwiefern denn "echt"? Gibt's etwa auch falschen Spielejournalismus?

Und alles, was ich in einer Spielezeitschrift an "Neuigkeiten" lese, hab ich schon lääääääängst im Netz gelesen. Dafür muss ich mir keine Zeitschrift kaufen.

Nach der Logik könnte es aber auch sein, dass du irgendeinen Gedanken zum kulturellen Aspekt von Spiel xy schon längst im Netz gelesen hast, bevor ein Artikel dazu in einer Zeitschrift erscheint.
So gesehn bräuchte man überhaupt keine Printmedien mehr.

PS: Und was HAT denn HL2, das du ja als Beispiel nennst, so besonders gemacht? Das Leveldesign.. oder die Gravity Gun. Ganz bestimmt kein kultureller Schnickschnack. =P
 
Miew hat folgendes geschrieben:

PS: Und was HAT denn HL2, das du ja als Beispiel nennst, so besonders gemacht? Das Leveldesign.. oder die Gravity Gun. Ganz bestimmt kein kultureller Schnickschnack. =P

Aber auch nur, wenn du deine Augen vor "Kulturellem Schnickschnack" verschließt.

Da wäre zum Beispiel die Art, wie sich Half Life 2 aus erzählerischer Perspektive sehr strikt an die Perspektive des Protagonisten bindet, und man, statt auf eine ungelenke Art zu erklären was zwischen HL1 und 2 passiert ist, den Spieler direkt in eine etablierte Welt wirft und die Geschichte quasi "in medias res" anfängt.
Da niemand im Spiel so etwas sagt wie "Oh je, mein Leben ist ganz schrecklich seit auf der ganzen Welt plötzlich Aliens aufgetaucht sind, und dann die Combine uns innerhalb von Stunden besiegt haben, die jetzt die Ozeane trockenlegen und die Menschheit sterilisiert haben", wirkt aber auch alles organischer. Um den Spieler die Situation etwas begreiflicher zu machen, setzt das Spiel dabei aber auch auf unverkennbare Bildsprache, die aus der Geschichte schöpft. Die Combine mögen außerirdischen Ursprung haben, doch ihre Methoden sind sehr bodenständig und erwecken nicht umsonst erinnerungen an Sovjet und Nazi Regieme.

Auf die gleiche Weise gibts aber auch keine Cutscenes. Oder genauer gesagt, "Cut Scenes". Als Spieler erlebt man die Handlung so wie Freeman sie erlebt, und auch wenn narrativ da durch Technobabble ("Slow Teleport") ein wenig getrickst wird, so ist das Spiel dadurch in gewisser Weise in "Echtzeit", was nur wenige Spiele bieten.


Siehst du? Da haben wir schon ein bisschen mehr als "Gravity Gun und Leveldesign"
 
Aus dem Spiegel-Artikel:

Die Aufgabe eines Journalisten schließt ein, sich Detailwissen anzueignen, indem man Spezialisten befragt. Aber Journalisten, die das beherrschen, sind teuer, Laien günstig. Manche Publikationen werden inzwischen zu einem großen Teil von Praktikanten gefüllt. Freie Autoren erreichen bei einem Durchschnittshonorar von 200 Euro für einen Test nicht selten einen Stundensatz, der unter dem Mindestlohn für Reinigungskräfte (8,55 Euro) liegt.

Das ist nicht viel... 8)
 
Naja, seine Anregungen mögen ja auf einen Teil der Spieletests (bzw. auf die Genres, die die jeweiligen Spiele angehören) anwendbar sein, aber auf einen ebenso großen Teil eben nicht.
Thema Sportspiele (oh Wunder, dass das jetzt von mir kommt :bigsmile: ). Leser eines FIFA-Tests interessiert es nicht die Bohne, wenn der Schreiberling sich seitenweise über die Entwicklung des Fußballs innerhalb der Videospieleszene auslässt (sowas ist eher was für ein Special oder in Kurzumriss für die Einleitung) - nee, einen FIFA-Jünger interessiert, was hat sich zum Vorgänger geändert, wie spielt es sich, welchen Umfang hat es. Bei Sportspielen interessierten harte Fakten. Selbiges bei Rennspielen.
Pauschalisieren, wie der Text will, es durch die integrierten Beispiele dann aber irgendwie sowieso nicht wirklich kann, ist einfach nicht angesagt. Mag sein, wie ich schon sagte, dass es bei dem ein oder anderen Spiel anwendbar ist, aber ganz sicher nicht für alle...
 
Shikamaru hat folgendes geschrieben:
Siehst du? Da haben wir schon ein bisschen mehr als "Gravity Gun und Leveldesign"
interessant wäre nun zu erfahren, ob all diese superhirn thesen auch von den half life machern so durchdacht, und dann umgesetzt wurden. oder ob es sich hier um eine reine spekulation handelt. das fertige produkt mag durchaus dieses bild zeichnen, nur ob es von anfang an so streng skiziert war, könnte nur valve erläutern. alles andere ist reine spekulation.

jeder der schon einmal bei ein großem projekt mitgearbeitet hat, kennt die eigendynamik die so etwas entwickelt. das ergebnis ist die summe des ganzen, und nicht die einer flachen theorie am anfang, oder gar einer interpretation durch dritte am ende.

@ elias
Was man bei bioshock über architektur lernen kann ist an die grenzen der engine gebunden, und nicht an reale statik.

kulturelle hintergründe haben meiner meinung nach nichts in einem review zu suchen, das gehört woanders hin, z.b. in eine kolummne, oder in dementsprechende fachzeitschriften. natürlich kann man fragen was ein spiel letztendlich zu etwas besonderem macht, philosophische abhandlungen dürten den normalen möchtekäufer aber eher langweilen.

interessant ist es zu beobachten das oft eine interpretation über dritte stattfindet, die dem schöpfer in keinster weise verinnerlicht war. so erklären dritte das rezept, welches vom koch überhaupt nicht benutzt wurde.

gyroscope hat folgendes geschrieben:
Das ist nicht viel... 8)
und keiner wurde dazu gezwungen.
 
Ok, erst zu Tom31ush:

Dagegen gibt's überhaupt nichts zu sagen - bei sehr vielen Spielen (wie auch bei sehr vielen Filmen und Büchern, die einen echten kulturellen Anspruch vermissen lassen) zählen nichts als harte Fakten - was ist anders als beim Vorgänger? Geb' ich dir Recht.
Andererseits braucht niemand dann für diese Spiele ein "4-Seiten-Special" in einer Zeitschrift. Den *journalistischen* Schwerpunkt / die Titelstory eines Magazins in einem Monat dann auf FIFA 2012 zu legen, ist schlicht bescheuert.


@King Nintendo:

Ob und was genau Valve sich bei der Produktion von Half-Life gedacht hat, ist völlig unerheblich. Genauso wie es völlig egal ist, was sich Da Vinci beim Malen seiner Bilder, Wagner beim Komponieren seiner Opern und Schiller beim Verfassen seiner Dramen gedacht hat. Eine kulturelle Besonderheit all dieser Dinge ergibt sich eben genau erst durch die Interpretation am Ende.

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Kleiner Exkurs: Ich hab mal eine hervorragende Analyse der ersten drei Terminator-Teile gelesen, in denen sie jeweils auf die zum Produktionszeitpunkt bestehende weltpolitische Lage bezogen wurden.
Teil 1 - bipolare Welt, eindeutige Fronten, Kalter Krieg --> Zukunftsangst und Erwartung des Kriegs am Ende des Films;
Teil 2 - Ende des Kalten Kriegs, Aufbruchsstimmung, alte Feinde werden zu Freunden -->Hoffnung auf eine ungeschriebene Zukunft am Ende des Films;
Teil 3 - das Böse ist nicht mehr greifbar, sondern weltweit, in Zellen, und im Internet; globaler Terrorismus --> Ende von Teil 3: Skynet ist ein globales System.
Ob diese Aussage von den Produzenten und Regisseuren *jemals* gewollt war, ist mehr als zweifelhaft, aber die Analyse macht sehr viel Sinn und gibt den ersten drei Terminatorfilmen eine kulturelle Bedeutung, weil sie uns etwas über unser Leben sagen.
Exkurs Ende
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Du schreibst selbst, "kulturelle Hintergründe gehören in dementsprechende Fachzeitschriften" - ist das nicht gerade die Diskussion?? Dass man diese Art der Berichterstattung eben genau *nicht* in Fachzeitschriften findet.
Und was man bei Bioshock über Architektur lernen kann, ist eben nicht an die Engine gebunden. Die meisten Leute haben durch Bioshock mehr über art nouveau gelernt, als ihnen bewusst ist. Den Stil erkennt seitdem jeder Gamer auf Anhieb. Und das hat nichts mit der Engine zu tun.

Die Gee war die einzige Zeitschrift, in der man lange Zeit derartige Dinge finden konnte, und das hat sie auch sehr cool gemacht. Und mal ehrlich gefragt: wer liest denn noch Spielezeitschriften? Kaum jemand, weil sämtliche Informationen deutlich früher im Internet sind. Daher sollten sich die Zeitschriften eben überlegen, Content zu bringen, der *nicht* an Aktualität gebunden ist.
 
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