CharLu
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Verein Deutsche Sprache
Mühlhausen will nicht mehr "Denglisch" sprechen
Die thüringische Stadt Mühlhausen hat sich ein großes Ziel gesetzt: Sie will sich auf die deutsche Sprache zurückbesinnen und künftig auf Anglizismen und hochtrabendes Amtsdeutsch verzichten. So sollen beispielsweise Geschäfte künftig nicht mehr mit "Sale" sondern mit "Schlussverkauf" werben.
Ende Oktober trat die Stadt Mühlhausen dem Verein Deutsche Sprache bei. Dieser fühlt sich der Erhaltung und der Pflege der deutschen Sprache verpflichtet. Und auch Mühlhausen will sich künftig dem "Denglisch" verweigern. Doch noch steht die Stadt ganz am Anfang. Das kann auch Pressesprecherin Angelika Bergmann nicht leugnen. Sie ist unter anderem für den Internetauftritt der Stadt verantwortlich und sieht dort einigen Nachholbedarf beim Ersetzen der "denglischen" Begriffe. So ist auf der Seite noch immer von "Home" statt von "Startseite" die Rede. Besucher können einen "Newsletter" bestellen oder sich auf der "Sitemap" einen Überblick verschaffen.
Doch das soll sich schnell ändern. Die Übersichtsseite soll demnächst auch als solche überschrieben werden. Und für den "Newsletter" wird derzeit nach einem passenden deutschen Begriff gesucht, möglich wären "Rundbrief" oder "elektronische Nachrichten". Einen gebräuchlichen englischen Internet-Begriff hat Angelika Bergmann gleich durch sein deutsches Gegenstück ersetzt, und das, so sagt sie, noch bevor der Beitritt der Stadt zum Verein Deutsche Sprache überhaupt geplant war. Und so finden Besucher von www.muehlhausen.de keine "E-Cards", sondern "Grußkarten" mit Motiven von Mühlhausen zum Herunterladen auf der Seite.
Kein "Denglisch" mehr in Amtsstuben
So vorbildlich wie beim Internetauftritt soll es künftig in der gesamten Stadtverwaltung zugehen. Alle Mitarbeiter sind von Oberbürgermeister Hans-Dieter Dörbaum angehalten, im Sprachgebrauch auf überflüsige und unverständliche englische Wörter zu verzichten und sich stattdessen auf ihre Muttersprache zurückzubesinnen. So soll ein Sprachbewusstsein geschaffen und gefestigt werden.
Eine Liste mit verpönten Wörtern und ihren deutschen Übersetzungen gibt es jedoch nicht. Schließlich geht es nicht um eine starre Vorschrift, sondern um freiwilliges Mitwirken. "Niemand muss mit einer Rüge oder einem Disziplinarverfahren rechnen, wenn er sich nicht daran hält", erklärt Angelika Bergmann. Je mehr Mitarbeiter sich allerdings an der Pflege der deutschen Sprache beteiligen würden, desto größer sei die Signalwirkung nach außen.
"City" wird zum Stadtzentrum
Und genau darum geht es der Stadt. "Wenn wir in der Stadtverwaltung mit gutem Beispiel vorangehen, gibt es vielleicht auch bald ein generelles Umdenken in der Gesellschaft", hofft Angelika Bergmann. Die Stadt will deshalb künftig "Faltblätter" statt "Flyer" verteilen und vom "Handtelefon" statt vom "Handy" reden. Die "City" wird wieder zum Stadtzentrum, der "Shuttlebus" zum Pendelbus und das "Recycling" zur "Reststoffverwertung". Ein Dorn im Auge ist dem Mühlhäuser Rathaus auch der Begriff "Sale" für Schlussverkauf.
Dort wo es deutsche Wörter für englische Begriffe gibt, sollten sie auch verwendet werden", verteidigt Angelika Bergmann den Vorstoß ihrer Stadt. Doch nicht nur die Anglizismen will Mühlhausen aus ihren Amtsstuben und dem Sprachgebrauch verbannen, auch die oftmals holprige Amtssprache soll in allgemein verständliches Deutsch "übersetzt" werden. Dadurch verspricht sich die Kommune eine bessere Verständigung mit ihren Bürgern. Schließlich sollen auch sie vom Gebrauch der deutschen Sprache überzeugt werden.
Stadt will Netzwerk knüpfen
Dazu will die Stadt in den kommenden Wochen ein Netzwerk mit Schulen, mittelständischen Unternehmen und Vereinen im Umkreis bilden. Wie genau das aussehen soll, wird derzeit in der Stadtverwaltung noch diskutiert. So muss geklärt werden, wer künftig der Ansprechpartner ist, wenn es um die deutsche Sprache geht. Unklar ist bislang auch, ob und in welchem Umfang die Kommune Finanzhilfen für Veranstaltungen rund ums Thema bereitstellt. An Räumlichkeiten für Vorträge oder Arbeitsgruppen soll es nach Angaben aus dem Rathaus aber nicht scheitern.
Entdeckter Sprachschatz als Auslöser
Unterstützt wird die Stadt bei ihren Bemühungen vom Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens in Mühlhausen. Dieser ist zugleich Vorstandsmitglied im Verein Deutsche Sprache (VDS) und will nach Oberbürgermeister Dörbaum auch die Wirtschaft in Mühlhausen für die Idee begeistern. Aufgrund seiner Vermittlung gab es im vergangenen Jahr die ersten Kontakte zwischen dem VDS und Mühlhausen. Damals endete die vom Verein initiierte "Suche nach dem deutschen Sprachschatz" in der Mühlhäuser Jakobikirche, der heutigen Stadtbibliothek.
Mehrere tausend sprachbewusste Bürger hatten sich an der virtuellen Suche im Internet beteiligt. Ein Chemnitzer fand den Schatz in Form einer Truhe mit Büchern und Hörbüchern dann schließlich im Glockenstuhl der Kirche. Für Mühlhausen war dies der Anstoß für das jetzige Engagement.
Andere Kommunen bekunden Interesse
Bei all ihren Bemühungen um die deutsche Sprache setzt die Stadt Mühlhausen auf eine Signalwirkung und nicht auf plakative Aktionen. Und so verzichtet die Stadt demonstrativ auf einen Zusatz an den Ortsschildern, der die Kommune als "Anglizismen freie Zone" ausweist. Die ersten Reaktionen auf den Beitritt zum Verein Deutsche Sprache bezeichnen die Mühlhäuser Stadtväter als durchaus positiv. Neben Zustimmung aus der eigenen Kommune gebe es bereits Anfragen aus anderen Städten, wie die Pflege der deutschen Sprache denn umgesetzt werden könne. Neben Mühlhausens Partnerstadt Eschwege in Niedersachsen interessiert sich auch die Wartburgstadt Eisenach dafür. Bereits in der vergangenen Woche hatte Gotha angekündigt, dem Verein beizutreten.
Verein wider die "Sprach-Vermanschung"
Den Verein Deutsche Sprache gibt es seit 1997. Derzeit hat er mehr als 24.000 Mitglieder in über 95 Ländern. Der VDS spricht sich gegen die "Vermanschung des Deutschen mit dem Englischen zu Denglisch" aus und fordert eine reine, unverfälschte Sprache. Er wehrt sich nach seinen eigenen Worten dagegen, dass "Waren und Dienstleistungen in Deutschland immer häufiger (ganz oder teilweise) in englischer oder scheinenglischer Sprache beworben und ausgezeichnet werden", ganze Bevölkerungsgruppen dadurch ausgegrenzt werden, dass Massenmedien, Unternehmen wie Bahn und Post, aber auch Banken oder Sportvereine "einprägsame deutsche Bezeichnungen durch angloamerikanische Ausdrücke oder ähnlich klingende Eigenschöpfungen verdrängen".
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