Ich finde die Grafik und den Stil des Spiel je länger je besser.
Die Entwickler haben sich richtig Mühe genommen, für abwechslungsreiche und detaillierte Schauplätze in einer riesigen (fast) offenen Welt zu sorgen. Wie gross die ist und das selbst abgelegene Orte ihre Highlights haben, merkt man erst so richtig nach zwanzig Stunden.
Ich war richtig positiv überrascht, als ich in Old Haven angelangt war und einen liebevoll gestaltete Schauplatz für den Häuserkampf vorfand, wie man sie auch in höchstbewerteten Shootern oder Open-World-Spielen kaum je sieht. Ich freue mich schon richtig darauf, das im Coop mit mehr und beinharten Gegnern anzugehen.
Ja, es gibt einige triste Stellen, aber für mich sind selbst diese auf so einem Planeten stimmig. Aber auch die tristesten Stellen sind nie leblos und langweilig und es gibt keine toten Winkel mit schwachen Texturen und ohne Objekte wie etwa in GTA.
Es gibt Kisten, Gebäude und Objekte bis in den hintersten Winkel und auch wenn einige davon repetiert sind, muss man schon sehr genau hinsehen, damit einem das auffällt.
Der Grafikstil unterstützt das hervorragend und wertet das Spiel auf und es ist gut, haben die Entwickler das so gemacht. Würde man sich den Stil und die Linien wegdenken, dann würde Wüsten und Felsen etwa so wie Red Faction aussehen: genügend. So aber sieht selbst eine relativ billige Textur kontrastreich und wertvoll aus.
Je dunkler, die Schauplätze, je geiler die Grafik. In Höhlen, Gebäuden und bei Nacht verschwindet der Cellshading-Stil optisch und es bleibt eine sehr kontrastreiche, detaillierte und schon fast realistische Umgebung, die besser aussieht, als in den meisten mir bekannten Spielen.
Auch das Design der Gegner ist hervorragend, obwohl einige Viecher nur Abwandlungen eines Grundtyps sind.
Auch hier denkt man zu Beginn: gibt es denn nur Skaggs und Psychos? Aber dann tauchen die ersten Spiderlinge auf und in New Haven gibt es plötzlich stark gepanzerte neue Gegner mit Schilden, die eine gewisse Ähnlichkeit zu EDF-Enheiten in RF aufweisen.
Jede Gegnerklasse ist toll und detailreich gezeichnet und man nimmt den Mutanten ihren Wahnsinn richtig ab. Ganz drollig sind die kleinen Pupser, die sich nett animiert auf den Allerwertesten setzen, wenn sie ihre Shotgun abfeuern.
Okay, man hätte sich ein paar Sprüche mehr gewünscht, als nur: "Du hättest nicht hierher kommen sollen...".
Einige NPCs in den Orten machen ausserdem einen leicht belämmerten Eindruck und haben nicht mal eine Standardantwort auf die gebotene Möglichkeit eines Gesprächs.
Die Waffen hingegen verdienen eine spezielle Erwähnung.
Man bekommt ja auch mal Waffen, die in keinem Shooter positiv auffallen würden, zum Beispiel die Cheap Repeaters.
Aller anderen hingegen wirken so, wie wenn sie von Hand liebevoll für den besten Shooter aller Zeiten gestaltet wären, der vieleicht ein Arsenal von gerade mal zwanzig Waffen aufweist.
Man kann es kaum fassen, das diese tierisch geilen und abwechslungsreichen Gewaltswummen mit martialisch und wohklingend tönenden Namen wie Battle Stomper, T02 Combustion Hellfire und Caustic Viper generiert wurden. Bin inzwischen auf Level 33 und da kann man es sich schon mal leisten, auf Äthetik und Feeling zu setzen, als auf Leistung.
Das fühlt sich richtig gut an, wie eine schön gestaltete Shotgun in den Händen bei jedem Schuss ausschlägt und so richtig Bummmmm macht, nur die Shotgun in F.E.A.R. 2 gefällt mir da noch ein wenig besser.
Da mögen allerdings die viel zu leisen Spottereien von Lilith im Gefecht nicht recht dazu passen. Das tönt wie wenn sich diese ein paar Meter weg befinden würde.
Bisher war das eine waschechte Liebeserklärung, aber es gibt kein Licht ohne Schatten.
Die Nebenmisssionen, die ja einen guten Teil des Spiels ausmachen, überbieten sich teilweise in ihrer ganzen Einfallslosigkeit und es nervt manchmal ganz schön, dass man für die Suche nach einem lumpigen Lieferschein ein ganzes Level durchfahren muss und sich jedes Mal wieder sowohl beim Hinweg, wie der Rückkehr durch die gleichen Mutanten, fliegenden Skaggs und Spiderlinge ballern muss.
Es hat ja oft Aufgaben, in denen man mehrere Items in einem Areal suchen muss und das kommt mir nur wie Spielstreckung vor, wenn einem der Reihe nach Navigationspunkte aufgedrückt werden, die sich möglichst weit voneinander entfernt befinden. Dazu muss ich ständig die Karte aufrufen, um mich zu orientieren, da das Radar ähnlich wie in Fallout völlig für die Katz ist. Die Karte selbst gibt ebenfalls kaum vernünftige Infos her, auch wenn man diese nach zwanzig Stunden annähernd interpretieren kann.
Die Shooter-Bedienung ist vorbildlich, die könnte man kaum besser machen, aber es mangelt vollständig an einem vernünftigen Navigationssystem und die Fahrzeugsteuerung ist unterirdisch; man hat das Gefühl, sich in einem Scooter auf dem Jahrmarkt zu befinden. Die Fortschritte der Spiele-Physik sind da spurlos an den Entwicklern vorbei gegangen und man sollte den Sound-Designer entlassen, der für das lausige Motorengeräuschlein verantwortlich war.
Die Items an sich haben echten Sammlerwert, aber das Sammeln selbst hängt mir mit der Zeit zum Hals raus. Für mich ist es nicht einzusehen, wieso in einem Spiel, in dem die Hauptbeschäftigung das Sammeln ist, Klicks für das Aufnehmen von Munition und Dollars notwendig sind. Ebenso kann ich nicht einsehen, wieso das Fokussieren von Items am Boden so penibel sein muss oder wieso man die Beschreibungen nicht besser an meinem Sichtfeld anpassen kann, wenn man durch das kleine Inventar schon so oft zu Vergleichen gezwungen wird.
Das Inventar selbst ist recht übersichtlich und schön gestaltet. Diese strenge Begrenzung des zu kleinen Inventars hält allerdings das Gameplay nur auf, da man manchmal und vor allem zu Beginn kaum einen Kilometer laufen kann, ohne das es voll ist. Um Items zu verkaufen muss man sich wieder durch die Skaggs schlagen und das ist dann einfach nur ätzend.
Okay, man könnte auch nur gezielt bestimmte bessere Waffen aufnehmen, aber das artet dann wirklich in Arbeit aus, eben gerade wegen der oft schlecht zu lesenden Tooltips auf Items. Das würde den Kampf ständig aufhalten und man würde sich um Längen mehr im Inventar aufhalten, als es das Gameplay entschädigen würde.
Mag sein, dass solche Aspekte im Coop zurück treten, wenn alle Leute vorher im Singleplayer ihre Kohle und Waffen optimiert haben und man sich nicht gleich auf jede Kiste stürzen muss.
Ein recht einzigartiger und auf den ersten Block innovativer Aspekt des Spiels ist, dass man wieder zum Leben erweckt wird, wenn man im Todeskampf einen Gegner tötet. Das funktioniert ja auch manchmal, aber viel zu oft und gerade bei wenigen beinharten Gegner hinter Deckungen ist das völlig überflüssig, mit einem Gesichtsfeld, das viel zu schnell schwarz wird und Reaktionen (zwar sehr realistisch)nur träge ablaufen, ein Nachladen zum Weinen langsam geht und kein Zoom mehr möglich ist.
Im Gegenteil, als Shooter-Spieler, der gerne bis zum letzten Blutstropfen kämpft, muss man sich richtig schmerzhaft dazu zwingen, zu kapitulieren, damit man nicht nutzlos Munition verschwendet. Das geht vieleicht nur mir so, aber ich habe das Gefühl, dass Versager, sprich Tode, in diesem Spiel durch dieses System mehr schmerzen als in anderen. Hinzu kommt, dass einige wirklich beinharte Gefechte durch Tode richtig viel Geld kosten, meine teuerste Einzelzahlung war circa 37'000$ und ich habe schon mal mehr als 100'000$ mit einem Schauplatz verschwendet.