Deutschland legte vor, die Schweiz zieht nach!
Seid langem nun schon ist das Thema Killerspiele in Deutschland ein unangenehmes Thema. In der Schweiz war dies nie ein Thema und bis vor kurzem dachte wohl auch niemand, dass es je eines werden wird.
23:16 / 01.12.2007
Kriegsspiele sind seine Leidenschaft. Stundenlang sass Luis W.* (21) vor dem Computer und tötete in der virtuellen Welt. Dann wurde er zum Mörder von Francesca P. (16).
Sonntagabend. Luis W.* sitzt in seinem Zimmer in Höngg ZH. Hier lebt er in einem Zweifamilienhaus zur Untermiete. Keiner weiss, was an diesem Abend in ihm vorgeht. Nur 400 Meter entfernt hat er kaltblütig ein Menschenleben ausgelöscht. Aus dem Hinterhalt. Mit dem Armee-Sturmgewehr schoss er auf die 16-jährige Francesca.
Jetzt sind mehrere Zivilpolizisten um das Haus postiert. Die Beamten wissen, Luis W. hat etwas mit der Tat zu tun. Sie klopfen. Er öffnet und wird sofort verhaftet. So berichten es Nachbarn.
Schnell finden die Beamten im Zimmer ein Sturmgewehr. Es steckt in einem mit Wasser gefüllten Eimer. Auf diese Weise hat Luis W. versucht Spuren zu verwischen. Doch schnell ist klar: Es ist die Tatwaffe.
Die Ermittler machen eine weitere Entdeckung: Stapelweise liegen Computerspiele herum Killer- und Kriegsspiele mit blutigem, menschenverachtendem Inhalt. Damit vertreibt sich Luis W. die Zeit. Freunden erzählt er, wie er stundenlang vor dem Computer sitzt und die Rolle des kaltblütigen Heckenschützen spielt. Immer wieder schiesst er in der virtuellen Welt auf Menschen, metzelt sie nieder. Er übt regelrecht, was er am Freitag vor einer Woche an der Bus-haltestelle Hönggerberg in die Tat umsetzt.
«Ja, es stimmt. Luis fand diese Spiele geil», sagt Pascale P.* (23) aus Basel. Gemeinsam haben sie die Artillerie-Rekrutenschule absolviert. «Die letzten sieben Wochen waren wir im gleichen Zimmer einquartiert.» P. beschreibt den Killer von Höngg als ruhigen, introvertierten Kameraden. «Eigentlich sprachen wir nur über seine Spielleidenschaft. Zuletzt war er vom Schiess-Spiel Battlefield fasziniert.» Im sogenannten «Ego-Shooter» fliesst viel Blut. Der Soldat zieht ausgestattet mit Hightech-Waffen in den Krieg, lauert hinter Hauswänden seinen Gegnern auf.
Doch auch in der Realität ist Luis W. von Waffen fasziniert. «Er galt als strebsamer Soldat, der seine Einsätze sehr ernst nahm», berichtet Pascal P.. Wie ernst, zeigt ein Vorfall in der zehnten Woche. Während einer Übung verteidigt W. seine Stellung bedingungslos. Er schlägt den Angreifer brutal nieder, der Rekrut wird dabei verletzt.
Trotz seines Engagements wird Luis W. ein Wunsch verweigert: Er darf nicht Korporal werden. Die Vorgesetzten sollen es nach Abschluss der Grundausbildung abgelehnt haben. Etwa zur selben Zeit klaut Luis W. die Patrone, die später Francesca tötet.
Bemerkt hat das niemand. Pascal P.: «Es erstaunt mich nicht wirklich. Es ist so einfach, Munition zu klauen.»
Bemerkt wird ein anderer Diebstahl. Aus der Kaserne in Turtmann VS verschwinden ein Pistolengriff und ein Verschluss von Offizierspistolen. Am letzten RS-Tag werden deshalb alle Rekruten von der Militärpolizei gefilzt (Seite 4). Erst sechs Stunden später werden die Rekruten aus der RS entlassen. Ob Luis W. etwas mit dem Diebstahl zu tun hat, ist nach Angaben der Militärjustiz offen.
Die Wut über das späte Abtreten ist bei vielen gross. Auch bei Luis W.? SonntagsBlick weiss: Auf der Rückfahrt nach Zürich trinkt er Bier um Bier. Das sagt er später der Polizei. Im Zürcher Tram fällt er ¬negativ auf. Er pöbelt herum und fragt eine Frau unvermittelt «Willsch e Waffe?», wie der Tages-Anzeiger berichtete.
Pascal P. kann sich nicht erklärten, wie sein Kamerad zum Mörder wurde. «Wirklich beängstigend ist für mich aber, dass er in der RS gelernt hat, wie man das Sturmgewehr bedient, wie man in Stellung geht und wie man schiesst.»
*Name der Redaktion bekannt
quelle. blick.ch