Vor dem letzten Spieltag haben sich also die beiden «Grossen» in dieser schweren Gruppe, in der auch der WM-Viertelfinalist Ukraine als (Mit-)Favorit gestartet war, durchgesetzt. Am zu Beginn der Ausscheidungsphase erwarteten Verdikt hätte sich auch ohne Panuccis späten Siegestreffer kaum etwas geändert. Wäre das Duell zwischen Schottland und Italien unentschieden ausgegangen, hätten der Weltmeister (zuhause gegen Färöer) und Frankreich (bei der ausgeschiedenen Ukraine) den fehlenden Punkt wohl ohnehin geholt. WM-Viertelfinalist Ukraine war in Litauen wenig motiviert und unterlag 0:2. Der Ex-Lausanner Tomas Danilecicius markierte das 2:0.
Die vorzeitige Qualifikation war dann vor allem ein Sieg für Italiens Coach Roberto Donadoni. Spät hat der so oft kritisierte Nachfolger von WM-Coach Marcello Lippi die Gewissheit erlangt, auch an diesem Abend die genau richtigen personellen Entscheide getroffen zu haben. Bis kurz vor Spielbeginn hatte Donadoni gezögert, ob er auf der rechten Abwehrseite Christian Panucci von der AS Roma oder Milans Massimo Oddo nominieren sollte. Er entschied sich für den routinierteren und defensiv stabileren Römer.
Und dann war es tatsächlich Panucci, der in der Nachspielzeit nach einem perfekten Freistoss von Andrea Pirlo mittels Kopfball präzise in die entfernte untere Ecke traf. Wieder zahlte sich eine umstrittene Nomination für Donadoni aus. Wie schon auf den Färöern (Inzaghi), in Litauen (Quagliarella) oder in der Ukraine (Di Natale) schoss ein Wackelkandidaten für Italien den Sieg heraus.
Panuccis Tor war für den Weltmeister das perfekte Ende eines Abends, der schon ganz nach dem Gusto der «Azzurri» begonnen hatte. Erst 77 Sekunden waren gespielt, als Luca Toni eine flache Hereingabe von Antonio Di Natale aus sieben Metern verwertete. In der Folge liefen die Italiener selten Gefahr, in dieser mitreissenden Atmosphäre das Spiel zu verlieren. Auch nach dem schottischen Ausgleich durch Barry Ferguson (65.) verhielten sich die Italiener meist geschickt und nahmen wiederholt gekonnt das Tempo aus dem Spiel. Ausser einem Schuss von James McFadden in der 81. Minute erspielten sich die Einheimischen kaum Torchancen. Gefährlich waren die grossen britischen Kämpfer mit den bescheidenen technischen Mitteln nur bei stehenden Bällen. Es war in spielerischer Hinsicht schlicht zu wenig, was die Schotten ihrem tollen Anhang boten. Es war zu wenig, um sich einen Platz im Teilnehmerfeld einer Endrunde zu verdienen.
«Wir können stolz sein, überhaupt einen 'Final' gegen Italien spielen zu dürfen», hatte Schottlands Trainer Alex McLeish vor der Partie gesasgt. Hinterher haderte er mit Schiedsrichter Manuel Mejuto Gonzalez. In der Tat hätte der Spanier den späten Freistoss, der zum 2:1 für die Italiener führte, nicht pfeifen dürfen. «Wir haben diese Niederlage nicht verdient», sagte McLeish deshalb traurig. Der späte Fehlentscheid des Referees war der letzte von vielen an diesem Abend. Immerhin trafen seine Fehler beide Equipen gleichermassen. Einen Penalty unterschlug Mejuto Gonzalez den Schotten vor der Pause (16.), um kurz darauf den Italienern ein reguläres Tor abzuerkennen (30.). Und als Schottlands Captain Barry Ferguson in der 65. Minute zum 1:1 ausglich, stand er im Offside.
Zu den Siegern dieses Fussball-Abends gehörten die Schotten aber irgendwie trotzdem. Die Fans unterstützten ihr Team grossartig, sie riefen die Spieler Minuten nach der Niederlage zu einer Ehrenrunde aus dem Katakomben und sangen sich trotz des Out noch lange die Kehle heiser. Beeindruckt hat diesen Sportsgeist auch die Italiener. «Diese Fairness auf dem Platz und auf den Rängen war ausserordentlich», sagte Donadoni. «Es kann nicht sein, dass wir Italiener von dieser Atmosphäre nicht etwas lehren können.» Die fairen schottischen Fans werden der Euro 2008 in der Schweiz und Österreich zweifellos fehlen.
EM-Qualifikation
Schottland - Italien 1:2 (0:1)
Hampden Park, Glasgow. - 52 000 Zuschauer (ausverkauft).
Tore: 2. Toni 0:1. 65. Ferguson 1:1. 91. Panucci 1:2.
Schottland: Gordon; Hutton, Naysmith, McManus, Weir; Hartley; Brown (74. Miller), Fletcher, Ferguson, McCulloch (92. Boyd); McFadden.
Italien: Buffon; Panucci, Cannavaro, Barzagli, Zambrotta; Gattuso (87. De Rossi), Pirlo, Ambrosini; Camoranesi (83. Chiellini), Di Natale (68. Iaquinta); Toni.
Bemerkungen: Italien ohne Materazzi (verletzt). 30. Tor von Di Natale fälschlicherweise wegen Abseits aberkannt. Verwarnungen: 34. Naysmith (Foul). 44. McCulloch (Foul). 45. Toni (Foul).