djhousepunk
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Und wie versprochen - oder angedroht - hier eine weitere Kolumne von mir aus dem Jahre 2009 welche damals bei LvL Up erschienen ist. Da das Thema DLC immer noch aktuell und die oben genannte Seite leider schon lange offline ist, habe ich mir gedacht, ich veröffentliche diesen Artikel einfach noch einmal hier auf meiner Lieblingsseite. Viel Spaß beim Lesen und kommentieren.
Die Taube auf dem Dach
Ich würde mich durchaus mal als Gamer der alten Schule bezeichnen, habe schon in den frühen 80ern Pixel gejagt und viele Stunden vor dem Monitor oder dem Röhrenfernseher verbracht. Die Worte 64K RAM SYSTEM. READY. 38911 BASIC BYTES FREE haben sich quasi in meine kindliche Netzhaut gebrannt. Game & Watch, Vectrex und Commodore sind die leuchtenden Ikonen meiner Kindheit, Sega, Sony, Nintendo, Microsoft lauten die Haltestellen meiner Zocker-Reise und dessen vorläufige Endbahnhöfe heißen Xbox 360 und Playstation 3. Aber ich bin auch schon von Kind auf eine sehr visuelle und haptische Person, die anfassen, sehen und riechen will, auch im Bezug auf mein Hobby Videospiele: Erscheint ein neues Spiel, freue ich mich schon auf dem Weg zum Stammhändler auf den neuen Titel und führe nach dem Kauf gerne noch ein anregendes Gespräch mit dem Inhaber des Ladens meiner Wahl. Zuhause angekommen wird das Auspacken des begehrten Spiels für mich jedes Mal fast schon zum Ritual. Es gibt für mich nichts Schöneres, als den eben neu erstandenen Titel auszupacken, die Zellophan-Hülle knistern und die Verpackung beim Öffnen knacken zu hören. Dieser ganz spezielle Geruch der beiliegenden Spielanleitung, der einem dann entgegen strömt, hat schon fast etwas Betörendes wie vom Weihrauch benebelt, bin ich sofort nicht mehr ansprechbar, da ich völlig in das Durchlesen der Gebrauchsanweisung, in das Studieren des Booklets vertieft bin. Das Einlegen der DVD oder Blu-Ray in die entsprechende Konsole ist natürlich nicht minder aufregend und erhöht bei mir die Vorfreude enorm.
Und genau hier kommen die herunterladbaren Inhalte, auch DLCs genannt, ins Spiel. Es ist ja bekanntlich nichts Neues, dass die Spiele-Industrie in den letzten Monaten immer öfters auf diese abgespeckte Art des Add Ons gesetzt hat und weiterhin setzt, spart sie sich so doch die Kosten für Verpackung, Rohling, Presswerk und Versand. So wird das aufwändige Retail-Endprodukt immer öfters um eine günstige, virtuelle Version ergänzt und der Händler um die Ecke bekommt Konkurrenz vom Xbox Live Marktplatz, dem Wii-Shop oder dem Playstation Store. Games-on-Demand Dienste wie OnLive gehen sogar noch weiter, setzen vollends auf angebliche Zauberworte wie Kompressions-Algorithmen, Streaming oder Cloud Computing und wollen ganz auf ein physisch greifbares Medium verzichten. Diese Entwicklung weg vom Greifbaren und hin zum Virtuellen sorgte auch schon für Veränderungen am Konsolenmarkt selbst. So setzte das japanische Unternehmen Sony mit der neuen Version seiner tragbaren Handheld-Konsole Playstation Portable voll auf diese neue Art der Verbreitung und verzichtete bei der im Oktober erschienenen PSP GO! ganz auf ein UMD Laufwerk. Folge: die passenden Spiele lassen sich nur noch via PlaystationNetwork Store herunterladen. Der Einführungspreis der PSP Go! entsprach zwar beim Start dem des Vorgängers, trotzdem hätte ich als Käufer irgendwie das komische Gefühl, als würde ich für das gleiche Geld weniger bekommen, als wäre die PSP ohne Laufwerk eine Kalorien befreite Light-Version der PSP mit UMD-Schnittstelle - und Light-Produkte haben mir noch nie geschmeckt, außerdem stehe ich auf Zucker, auch wenn er dick macht und schlecht für die Zähne ist. Übrigens sind mir Schallplatten auch immer noch lieber als MP3-Downloads, aber das ist eine andere Geschichte.
Und dennoch: Viele Konsumenten sind begeistert, nehmen diese neue Art der Verbreitung und Vermarktung ohne Zögern und sabbernd an. Spiele von daheim aus herunterladen? Voll toll! Im ach so wunderbaren Zeitalter des Internets, wo es ja fast alles umsonst gibt, wenn man mangels Rechtskenntnis und Schuldbewusstsein bereit ist, den legalen Raum zu verlassen, wo man sich alle Kinofilme bereits vor offiziellem Release betrachten und jeden Songtitel ohne monetäre Gegenleistung herunterladen kann, ist es ja auch nicht mehr nötig, seinen Hintern zu heben und die Wohnung zu verlassen. Warum auch? Ist doch auch wirklich nervig - zum Schluss muss man noch mit der Bahn fahren und könnte dabei auf echte Menschen treffen. Diesen gesellschaftlichen Rückzug nennt man in Japan übrigens Hikikomori aber das nur am Rande. Ein Klick ist ja auch viel bequemer als ein Einkaufsbummel, eine kurze Bewegung des rechten Zeigefingers nicht so furchtbar anstrengend wie der lange, mühselige, fast pilgerhafte Gang zum Händler. Eine schöne, neue und bequeme Welt, die sich da offenbart hat!
Doch es gibt auch Gegenstimmen in der Spiele-Welt, Kritiker dieses neuen Systems und sogar erste Reaktionen in der Marktwirtschaft. So konnte Sony in Europa, Australien und Japan bislang lediglich eher verhaltene Absatzzahlen in Punkto PSP Go! vorweisen - ob dies lediglich an der allgemeinen schlechten Wirtschaftssituation oder doch am fehlenden UMD-Laufwerk liegt? Welche Schlussfolgerung man daraus letztendlich zieht, sei jedem selbst überlassen. Sony hingegen scheint sein Fazit schon gezogen zu haben, denn angeblich arbeitet ein Dritthersteller bereits an einem UMD-Laufwerk für die aktuelle Handheld Version und auch ihr Nachfolger, die PSP-4000 wird Gerüchten zufolge wieder das kleine Speichermedium unterstützen.
Und was das Thema DLC angeht: ist es nicht merkwürdig, dass uns die Publisher teilweise bereits eine Woche nach Veröffentlichung des Vollpreis-Spiels einen Zusatzinhalt anbieten? Warum packt man den DLC nicht von Anfang an frei verfügbar auf die DVD oder Blu-Ray? Anscheinend lag er ja schon fertig gekocht und zubereitet im Ofen des Entwicklerbüros. Warum sind nicht alle Level, alle Waffen, alle Rüstungen und Kostüme von Anfang an verfügbar? Das ist ja so, als würde ich beim Händler ein Auto kaufen, bekomme eines ohne Sitze angeboten und der grinsende Verkäufer sagt dann zu mir: Sitze? Ach, die bekommen sie später, das Auto fährt ja auch ohne. Will man da die Kuh namens Kunde etwa mehrmals melken? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt
Ich kann, wenn überhaupt, nur einen positiven Aspekt aus dem Ganzen ziehen: den zumeist relativ geringen Preis der Zusatzinhalte für die Endverbraucher. Und wenn man dann einen DLC wie Lost and Damned präsentiert bekommt, ein Add-On mit dem Umfang eines Vollpreis-Spiels zu nur einem Drittel des sonst üblichen Preises, könnte ich sogar so etwas wie Verständnis für dessen Käufer aufbringen und selber schwach werden aber zum Glück hat Rockstar mich davor bewahrt, die dunkle Seite zu betreten und bekanntlich beide Add-Ons im Paket als Retail-Fassung angeboten. Oft aber sind die vom Umfang her zumeist bescheidenen Zusatz-Episoden doch eher so etwas wie die JA!-Konsumgüter im Supermarkt: billiger, dafür aber nicht besonders lecker und mit einem faden Beigeschmack. Ich würde dann doch lieber etwas länger warten wollen und dafür eine Episoden-Sammlung mit Missionsumfang jenseits von 8 Stunden im Laden kaufen. Mein geliebtes Hobby ist mir etwas wert, daher zahle ich für eine Retail-Version auch gerne mehr und bekomme dann auch mehr: mehr physisch Greifbares, mehr fürs Auge, mehr für meine Zocker-Seele.
Außerdem kann ich mir einen DLC nicht in den Schrank stellen und schön nach Farben ordnen.
Die Taube auf dem Dach
Ich würde mich durchaus mal als Gamer der alten Schule bezeichnen, habe schon in den frühen 80ern Pixel gejagt und viele Stunden vor dem Monitor oder dem Röhrenfernseher verbracht. Die Worte 64K RAM SYSTEM. READY. 38911 BASIC BYTES FREE haben sich quasi in meine kindliche Netzhaut gebrannt. Game & Watch, Vectrex und Commodore sind die leuchtenden Ikonen meiner Kindheit, Sega, Sony, Nintendo, Microsoft lauten die Haltestellen meiner Zocker-Reise und dessen vorläufige Endbahnhöfe heißen Xbox 360 und Playstation 3. Aber ich bin auch schon von Kind auf eine sehr visuelle und haptische Person, die anfassen, sehen und riechen will, auch im Bezug auf mein Hobby Videospiele: Erscheint ein neues Spiel, freue ich mich schon auf dem Weg zum Stammhändler auf den neuen Titel und führe nach dem Kauf gerne noch ein anregendes Gespräch mit dem Inhaber des Ladens meiner Wahl. Zuhause angekommen wird das Auspacken des begehrten Spiels für mich jedes Mal fast schon zum Ritual. Es gibt für mich nichts Schöneres, als den eben neu erstandenen Titel auszupacken, die Zellophan-Hülle knistern und die Verpackung beim Öffnen knacken zu hören. Dieser ganz spezielle Geruch der beiliegenden Spielanleitung, der einem dann entgegen strömt, hat schon fast etwas Betörendes wie vom Weihrauch benebelt, bin ich sofort nicht mehr ansprechbar, da ich völlig in das Durchlesen der Gebrauchsanweisung, in das Studieren des Booklets vertieft bin. Das Einlegen der DVD oder Blu-Ray in die entsprechende Konsole ist natürlich nicht minder aufregend und erhöht bei mir die Vorfreude enorm.
Und genau hier kommen die herunterladbaren Inhalte, auch DLCs genannt, ins Spiel. Es ist ja bekanntlich nichts Neues, dass die Spiele-Industrie in den letzten Monaten immer öfters auf diese abgespeckte Art des Add Ons gesetzt hat und weiterhin setzt, spart sie sich so doch die Kosten für Verpackung, Rohling, Presswerk und Versand. So wird das aufwändige Retail-Endprodukt immer öfters um eine günstige, virtuelle Version ergänzt und der Händler um die Ecke bekommt Konkurrenz vom Xbox Live Marktplatz, dem Wii-Shop oder dem Playstation Store. Games-on-Demand Dienste wie OnLive gehen sogar noch weiter, setzen vollends auf angebliche Zauberworte wie Kompressions-Algorithmen, Streaming oder Cloud Computing und wollen ganz auf ein physisch greifbares Medium verzichten. Diese Entwicklung weg vom Greifbaren und hin zum Virtuellen sorgte auch schon für Veränderungen am Konsolenmarkt selbst. So setzte das japanische Unternehmen Sony mit der neuen Version seiner tragbaren Handheld-Konsole Playstation Portable voll auf diese neue Art der Verbreitung und verzichtete bei der im Oktober erschienenen PSP GO! ganz auf ein UMD Laufwerk. Folge: die passenden Spiele lassen sich nur noch via PlaystationNetwork Store herunterladen. Der Einführungspreis der PSP Go! entsprach zwar beim Start dem des Vorgängers, trotzdem hätte ich als Käufer irgendwie das komische Gefühl, als würde ich für das gleiche Geld weniger bekommen, als wäre die PSP ohne Laufwerk eine Kalorien befreite Light-Version der PSP mit UMD-Schnittstelle - und Light-Produkte haben mir noch nie geschmeckt, außerdem stehe ich auf Zucker, auch wenn er dick macht und schlecht für die Zähne ist. Übrigens sind mir Schallplatten auch immer noch lieber als MP3-Downloads, aber das ist eine andere Geschichte.
Und dennoch: Viele Konsumenten sind begeistert, nehmen diese neue Art der Verbreitung und Vermarktung ohne Zögern und sabbernd an. Spiele von daheim aus herunterladen? Voll toll! Im ach so wunderbaren Zeitalter des Internets, wo es ja fast alles umsonst gibt, wenn man mangels Rechtskenntnis und Schuldbewusstsein bereit ist, den legalen Raum zu verlassen, wo man sich alle Kinofilme bereits vor offiziellem Release betrachten und jeden Songtitel ohne monetäre Gegenleistung herunterladen kann, ist es ja auch nicht mehr nötig, seinen Hintern zu heben und die Wohnung zu verlassen. Warum auch? Ist doch auch wirklich nervig - zum Schluss muss man noch mit der Bahn fahren und könnte dabei auf echte Menschen treffen. Diesen gesellschaftlichen Rückzug nennt man in Japan übrigens Hikikomori aber das nur am Rande. Ein Klick ist ja auch viel bequemer als ein Einkaufsbummel, eine kurze Bewegung des rechten Zeigefingers nicht so furchtbar anstrengend wie der lange, mühselige, fast pilgerhafte Gang zum Händler. Eine schöne, neue und bequeme Welt, die sich da offenbart hat!
Doch es gibt auch Gegenstimmen in der Spiele-Welt, Kritiker dieses neuen Systems und sogar erste Reaktionen in der Marktwirtschaft. So konnte Sony in Europa, Australien und Japan bislang lediglich eher verhaltene Absatzzahlen in Punkto PSP Go! vorweisen - ob dies lediglich an der allgemeinen schlechten Wirtschaftssituation oder doch am fehlenden UMD-Laufwerk liegt? Welche Schlussfolgerung man daraus letztendlich zieht, sei jedem selbst überlassen. Sony hingegen scheint sein Fazit schon gezogen zu haben, denn angeblich arbeitet ein Dritthersteller bereits an einem UMD-Laufwerk für die aktuelle Handheld Version und auch ihr Nachfolger, die PSP-4000 wird Gerüchten zufolge wieder das kleine Speichermedium unterstützen.
Und was das Thema DLC angeht: ist es nicht merkwürdig, dass uns die Publisher teilweise bereits eine Woche nach Veröffentlichung des Vollpreis-Spiels einen Zusatzinhalt anbieten? Warum packt man den DLC nicht von Anfang an frei verfügbar auf die DVD oder Blu-Ray? Anscheinend lag er ja schon fertig gekocht und zubereitet im Ofen des Entwicklerbüros. Warum sind nicht alle Level, alle Waffen, alle Rüstungen und Kostüme von Anfang an verfügbar? Das ist ja so, als würde ich beim Händler ein Auto kaufen, bekomme eines ohne Sitze angeboten und der grinsende Verkäufer sagt dann zu mir: Sitze? Ach, die bekommen sie später, das Auto fährt ja auch ohne. Will man da die Kuh namens Kunde etwa mehrmals melken? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt
Ich kann, wenn überhaupt, nur einen positiven Aspekt aus dem Ganzen ziehen: den zumeist relativ geringen Preis der Zusatzinhalte für die Endverbraucher. Und wenn man dann einen DLC wie Lost and Damned präsentiert bekommt, ein Add-On mit dem Umfang eines Vollpreis-Spiels zu nur einem Drittel des sonst üblichen Preises, könnte ich sogar so etwas wie Verständnis für dessen Käufer aufbringen und selber schwach werden aber zum Glück hat Rockstar mich davor bewahrt, die dunkle Seite zu betreten und bekanntlich beide Add-Ons im Paket als Retail-Fassung angeboten. Oft aber sind die vom Umfang her zumeist bescheidenen Zusatz-Episoden doch eher so etwas wie die JA!-Konsumgüter im Supermarkt: billiger, dafür aber nicht besonders lecker und mit einem faden Beigeschmack. Ich würde dann doch lieber etwas länger warten wollen und dafür eine Episoden-Sammlung mit Missionsumfang jenseits von 8 Stunden im Laden kaufen. Mein geliebtes Hobby ist mir etwas wert, daher zahle ich für eine Retail-Version auch gerne mehr und bekomme dann auch mehr: mehr physisch Greifbares, mehr fürs Auge, mehr für meine Zocker-Seele.
Außerdem kann ich mir einen DLC nicht in den Schrank stellen und schön nach Farben ordnen.