Lieblingsgedichte :)

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04.12.2006
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Heyjo!
Bin ein sehr großer Lyrik-Fan.
Schreib auch selber sehr viele Gedichte.

Wär mal cool, wenn ihr eure Lieblingsgedichte posten könntet,
vielleicht find ich was neues, was mir gefällt.

Mein Fav. ist aktuell Erich Kästner.
Neue Sachlichkeit ist genau mein Ding,
bin aber offen von Symobolismus bis neue Subjektivität.

Das hier find ich Klasse:
Kurt Schmidt, statt einer Ballade


Der Mann, von dem im weiteren Verlauf
die Rede ist, hieß Schmidt.
Er stand, nur sonntags nicht, früh 6 Uhr auf
und ging allabendlich Punkt 8 zu Bett.


10 Stunden lag er stumm und ohne Blick.
4 Stunden brauchte er für Fahrt und Essen.
9 Stunden stand er in der Glasfabrik.
1 Stündchen blieb für höhere Interessen.


Nur sonn- und feiertags schlief er sich satt.
Danach rasierte er sich, bis es brannte.
Dann tanzte er. In Sälen vor der Stadt.
Und fremde Fräuleins wurden rasch Bekannte.


Am Montag fing die nächste Strophe an.
Und war doch immerzu dasselbe Lied!
Ein Jahr starb ab. Ein andres Jahr begann.
Und was auch kam, nie kam ein Unterschied.


Um diese Zeit war Schmidt noch gut verpackt.
Er träumte nachts manchmal von fernen Ländern.
Um diese Zeit hielt Schmidt noch halbwegs Takt.
Und dachte: Morgen kann sich alles ändern.


Da schnitt er sich den Daumen von der Hand.
Ein Fräulein Brandt gebar ihm einen Sohn.
Das Kind ging ein. Trotz Pflege auf dem Land.
(Schmidt hatte 40 Mark als Wochenlohn.)


Die Zeit marschierte wie ein Grenadier.
In gleichem Schritt und Tritt. Und Schmidt lief mit.
Die Zeit verging. Und Schmidt verging mit ihr.
Er merkte eines Tages, daß er litt.


Er merkte, daß er nicht alleine stand.
Und daß er doch allein stand, bei Gefahren.
Und auf dem Globus, sah er, lag kein Land,
in dem die Schmidts nicht in der Mehrzahl waren.


So war´s. Er hatte sich bis jetzt geirrt.
So war´s, und es stand fest, daß es so blieb.
Und er begriff, daß es nie anders wird.
Und was er hoffte, rann ihm durch ein Sieb.


Der Mensch war auch bloß eine Art Gemüse,
das sich und dadurch andere ernährt.
Die Seele saß nicht in der Zirbeldrüse.
Falls sie vorhanden war, war sie nichts wert.


9 Stunden stand Schmidt schwitzend im Betrieb.
4 Stunden fuhr und aß er, müd und dumm.
10 Stunden lag er, ohne Blick und stumm.
Und in dem Stündchen, das ihm übrigblieb,
brachte er sich um.
 
Das Niveau ist hier erschreckend hoch, sonst würd ich den Thread ja net eröffnen ;)
Früher hat jemand ab und an Gedichte über Konsolen gebracht,
weiß aber nicht mehr, wie der Nick war, aber die Poems waren sehr nice.
 
Im Vergleich zu anderen Seiten wohl war O.o
War auch nen Joke ;) aber nette Abwechslung Dirty...
Sorgst immer schön für Anspruchsvolle Kost, gefällt :D
 
Ich find das Teil gut. Liest sich im ersten Moment recht flapsig aber ist eigentlich bitter böse. Ich selbst hab eigentlich nur 2 Lieblingsgedichte. Poste beide mal wenn ich am PC bin. Ein drittes verfolgt mich seit der Grundschulzeit...also über 25 Jahre....das kann ich seitdem auswendig sekbst wenn man mich nachts um 3 weckt und fragt....


Frühling lässt sein blaues Band
wieder flattern durch die Lüfte....usw
 
Gedichte?
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Ich mag ein paar Sachen von Rainer Maria Rilke. Seit der Grunschule hat sich "Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland,
Ein Birnbaum in seinem Garten stand" bei mir eingebrannt (von Theodor Fontane).
 
Das mussten wir damals auch auswendig lernen incl der Plattdeutschen Passagen. Unsere Deutschlehrer waren grosse Fans des "Gedichteauswendiglernen" und haben damit glaub den meisten eher die Lust auf Lyrik versaut als gefördert. Erlkönig...Die Glocke...alles auswendig lernen selbst wenn es 2 Seiten lang war.
 
Ich bin zwar ca. 300 Jahre jünger als du, aber Gedichte musste ich auch - vor allem in der Grundschule - ohne Ende auswendig lernen. Dazu kam Leseförderung, also extra Unterricht, weil ich so gut lesen konnte. Hatte ich nie verstanden, weil die meisten anderen Schüler keinen Satz flüssig lesen konnten und keinen Strafextraunterricht bekamen. Hat mir vielleicht geholfen, meine Leseskills zu festigen, aber dafür können zwanzig andere Menschen bis heute nicht richtig lesen. Naja.
Aber all diese Scharmützel haben nicht verhindert, dass ich mich für Literatur allgemein interessiert habe bzw. interessiere. Habe viel gelesen und sogar einige Kurzgeschichten und Gedichte geschrieben, aber mit Beginn meiner persönlichen Sturm und Drang Phase (~ 16) gab es da einen Bruch und bis heute schaffe ich es nicht, regelmäßig Output outzuputten.
Heutzutage begnüge ich mich hauptsächlich mit Comics und schreibe nur kürzere Kolumnen. Ich habe da so eine Vermutung, unter welchen Umständen ich wieder lese- und schreibfreudiger wäre, aber die kann sich frühestens nächstes Jahr bestätigen.
 
Der Panther von Rilke hatten wir auch in der achten Klasse,
damals ging mir das am Arsch vorbei, aber es ist
unfassbar gut, wie plötzlich die Perspektive gewechselt wird.

Den Erlkönig musst ich auch in der fünften auswendig lernen :)
Goethe hat auch ein paar ganz geile Sachen fabriziert,
obwohl ich Weimarer Klassik eher meide, mag da lieber seine
alten Sachen. Die Braut von Korinth find ich mega.
Das erste Gedicht/Ballade über einen Vampir. Phantastisch!

Das Frühlingsgedicht aus der Grundschule kenn ich leider nicht,
aber dafür hat es mich an ein schönes Herbstgedicht aus
der Grundschule erinnert.

ach und vorgetragen, nur noch Gänsehaut:
Todesfuge
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Mir fällt auf die schnelle nur eins ein XDD

1, 2 - Freddy kommt vorbei
3, 4 - verschliesse deine Tür
5, 6 - jetzt hollt dich gleich die Hex
7, 8 - gleich ist es Mitternacht

XDD jaja...ich verpiss mich ja schon :D

Bin aber Fan des alten Sprachgebrauchs...
H.P. Lovecraft, Edgar Ellen Poe oder Sir Arthur Conan Doyle
Lese ich sehr viel...aber für Gedichte konnte ich mich noch nicht begeistern O.o
Vllt ändert Ihr das mit dem Thread ja noch :D also weiter so ;) !!!
 
Mein persönlicher Favorit obwohl ich sonst mit Gedichten nichts am Hut habe, das geistert doch hin und wieder durch meine Gedanken ;)

Die Straße gleitet fort und fort,
Weg von der Tür, wo sie begann,
Weit überland, von Ort zu Ort,
Ich folge ihr, so gut ich kann.
Ihr lauf ich raschen Fußes nach,
Bis sie sich groß und breit verflicht
Mit Weg und Wagnis tausendfach.
Und wohin dann? Ich weiß es nicht.

Kommt mir oft in den Sinn wenn ich unterwegs bin, besondes bei meinen Bergwanderungen :)
 
Willkommen und Abschied
Es schlug mein Herz, geschwind zu Pferde!
Es war getan fast eh gedacht
Der Abend wiegte schon die Erde,
Und an den Bergen hing die Nacht:
Schon stand im Nebelkleid die Eiche,
ein aufgetürmter Riese, da,
Wo Finsternis aus dem Gesträuche
Mit hundert schwarzen Augen sah.

Der Mond von einem Wolkenhügel
Sah kläglich aus dem Duft hervor,
Die Winde schwangen leise Flügel,
Umsausten schauerlich mein Ohr;
Die Nacht schuf tausend Ungeheuer,
Doch frisch und fröhlich war mein Mut:
In meinen Adern welches Feuer!
In meinem Herzen welche Glut!

Dich sah ich, und die milde Freude
Floss von dem süßen Blick auf mich;
Ganz war mein Herz an deiner Seite
Und jeder Atemzug für dich.
Ein rosenfarbnes Frühlingswetter
Umgab das liebliche Gesicht,
Und Zärtlichkeit für mich - ihr Götter!
Ich hofft es, ich verdient es nicht!

Doch ach, schon mit der Morgensonne
Verengt der Abschied mir das Herz:
In deinen Küssen welche Wonne!
In deinem Auge welcher Schmerz!
Ich ging, du standst und sahst zur Erden,
Und sahst mir nach mit nassem Blick:
Und doch, welch Glück, geliebt zu werden!
Und lieben, Götter, welch ein Glück!


Johann Wolfgang von Goethe


Weiß auch nicht warum aber ich mochte immer Sachen von Goethe am liebsten....der war einfach genial.....das hier konnte ich in der Schulzeit auswendig....deshalb blieb es hängen....
 
Ingeborg Bachmann ich hasse dich für diese Worte!

Erklär mir, Liebe

Dein Hut lüftet sich leis, grüßt, schwebt im Wind,
dein unbedeckter Kopf hat’s Wolken angetan,
dein Herz hat anderswo zu tun,
dein Mund verleibt sich neue Sprachen ein,
das Zittergras im Land nimmt überhand,
Sternblumen bläst der Sommer an und aus,
von Flocken blind erhebst du dein Gesicht,
du lachst und weinst und gehst an dir zugrund,
was soll dir noch geschehen –
Erklär mir, Liebe!
Der Pfau, in feierlichem Staunen, schlägt sein Rad,
die Taube schlägt den Federkragen hoch,
vom Gurren überfüllt, dehnt sich die Luft,
der Entrich schreit, vom wilden Honig nimmt
das ganze Land, auch im gesetzten Park
hat jedes Beet ein goldner Staub umsäumt.
Der Fisch errötet, überholt den Schwarm
und stürzt durch Grotten ins Korallenbett.
Zur Silbersandmusik tanzt scheu der Skorpion.
Der Käfer riecht die Herrlichste von weit;
hätt ich nur seinen Sinn, ich fühlte auch,
daß Flügel unter ihrem Panzer schimmern,
und nähm den Weg zum fernen Erdbeerstrauch!
Erklär mir, Liebe!
Wasser weiß zu reden,
die Welle nimmt die Welle an der Hand,
im Weinberg schwillt die Traube, springt und fällt.
So arglos tritt die Schnecke aus dem Haus!
Ein Stein weiß einen andern zu erweichen!
Erklär mir, Liebe, was ich nicht erklären kann:
sollt ich die kurze schauerliche Zeit
nur mit Gedanken Umgang haben und allein
nichts Liebes kennen und nichts Liebes tun?
Muß einer denken? Wird er nicht vermißt?
Du sagst: es zählt ein andrer Geist auf ihn ...
Erklär mir nichts. Ich seh den Salamander
durch jedes Feuer gehen.
Kein Schauer jagt ihn, und es schmerzt ihn nichts.
 
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