Konnte mich dem Sog nicht entziehen und habe gestern einen lange Anime-Abend eingelegt, also gab es...
Attack on Titan
Eine Renaissance-artige Welt. Vor hundert Jahren tauchten plötzlich die Titanen auf, bis zu 15 Meter hohe Riesen, mit dem unbändigen Drang, Menschen zu fressen. Da der Kampf gegen die Titanen schnell aussichtslos wurde, baute die überlebende Menschheit gigantische Mauern, um sich zu schützen. Hinter den Mauern nahm das Leben seinen gewohnten Gang. Nahe den Außenmauern lebte das einfach Volk, gut geschützt in den inneren Mauern der König, die Aristokraten und reichen Händler.
Eines Tages taucht aus dem Nichts jedoch ein neuer Titan auf. Viel größer als die anderen zerstört er eines der Mauertore und leitet einen Großangriff der Titanen ein. Unter sehr schweren Verlusten müssen die Menschen den äußersten Ring ihrer Mauer aufgeben und leben von nun an noch dichter gedrängt. Unter den Überlebenden befindet sich Eren Jäger, der mit ansehen musste, wie seine Mutter von einem Titanen gefressen wurde. Er und seine Adoptivschwester Mikasa und sein bester Freund Armin - nun alle Vollwaisen - schließen sich der Armee an, von Erens unbändigem Willen getrieben, alle Titanen zu vernichten.
Zunächst erwartete ich eine typische Heldengeschichte, wurde aber schnell eines besseren belehrt. Die Titanen sehen - abgesehen von dem Riesen ohne Haut - nämlich erstmal wenig furchterregend aus. Es sind überdimensionierte, vollständig nackte Menschen ohne primäre Geschlechtsmerkmale. Keine schrecklichen Monster oder so. Dazu kommt, dass sie ständig debil grinsen, selbst im Tod. Sie wirken dadurch geistig zurückgeblieben. Was erst harmlos bis befremdlich wirkt, entfaltet tatsächlich seinen Horror, wenn sich so ein selig lächelnder Gigant einen Menschen in den Mund stopft und durchbeißt. Sie sind dazu nur im Nacken wirklich verwundbar, Verletzungen an anderen Stellen heilen schnell von selbst.
Die Kämpfe gegen die Titanen sind äußerst blutig und verlustreich. In der hundertjährigen Geschichte des Krieges haben die Menschen noch nie einen nennenswerten Sieg errungen. Das wird nicht nur grausig dargestellt, sondern auch immer wieder durch Zahlen belegt. Die Zahl der eh schon sehr knappen Weltbevölkerung nimmt rapide ab. Die Stimmung ist gelinde gesagt im Arsch und kaum jemand ist scharf darauf, sich den Titanen entgegen stellen zu müssen. So kommt eine glaubhafte Untergangsstimmung auf.
Um sich gegen die Titanen wehren zu können, benutzen die Kämpfer ein System gasbetriebener Enterhaken an der Hüfte, sowie Schwerter mit auswechselbaren Klingen. Ein wenig Steam Punk Einschlag kommt hier durch. Das führt zu spektakulären Luftgefechten, die grandios inszeniert sind! Ein wenig CGI-Unterstützung ist dabei unvermeidbar. Die Kämpfe gehören mit zu den besten, die ich je in animierter Form gesehen habe. Sie sind schnell, bieten immer wieder Überraschungsmomente und bleiben dennoch übersichtlich.
Die Story weiß einige Male zu überraschen. Die anfangs durchschimmernde Geschichte vom aufsteigenden Helden bekommt schnell einen kräftigen Dämpfer und dreht sich ein paar mal. Viele Tote sorgen dafür, dass man sich nie sicher sein kann, wer die Folge übersteht. Neben dem Kampf gegen die Titanen spielt auch die Innenpolitik eine Rolle. Es gibt Profiteure des Konflikts, Korruption, ein hartes Regime und stete Angst vor Rebellion. Hinzu werden einige Rätsel aufgegeben. Was sind die Titanen? Woher kommen sie? Was ist mit Eren genau los? Welche Geschichte verbirgt sich hinter Person X? Kaum was davon wird geklärt, was mich in den Wahnsinn treibt, weil die zweite Staffel erst 2016 kommen soll. Ich bin schon kurz davor, mir den Manga anzutun. Ich meine dazu einige Parallelen zu Neon Genesis Evengelion entdeckt zu haben und könnte mir ein Szenario vorstellen, bei dem man in eine ähnliche Richtung geht. Mal schauen, ob ich Recht behalte.
Ich kann Atack on Titan nur empfehlen! Ich habe die 25 Folgen verschlungen und werde es sicher noch einmal tun. Wenn es gelingt, den aufgeworfenen Mysterien auch nachfolgend genug Substanz zu verleihen, könnte das hier einer der ganz großen Animes werden. Denn Fässer aufmachen kann jeder, aber die auch richtig zu füllen, ist eine Kunst. Wir werden sehen. Der Grundstein ist gelegt. Bisher wirkt die Serie auf jeden Fall sehr durchdacht und weist eine große Detailfülle auf.