BigJim
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Ich finde Grenzen schon wichtig.
Diese Grenzen muss aber letzten Endes jeder für sich selber ziehen. Verbote greifen oft nicht, vielmehr machen sie ein "Produkt" dadurch meist erst richtig interessant. Sogar viel "interessanter" als es in Wirklichkeit überhaupt ist. Das Thema Hatred dürfte sich von selbst erledigen, spätestens dann, wenn dieses Spiel vom Markt ignoriert, d.h. nicht gekauft wird. Dann ist es nämlich weg vom Fenster und die Entwickler werden sich - sofern sie dann nicht eh schon Pleite sind - wieder anderen Projekten zuwenden.
Es gab vor 10 Jahren schon mal eine ähnliche Diskussion über ein Spiel. Damals ging es um den Third-person-Shooter Nam 67 (einigen vielleicht besser bekannt als der erste Teil von Shellshock). In dem Spiel konnte man wehrlose Zivilisten (Frauen, Kinder) töten und mit Napalm-Bomben überziehen. Viele Kritiker/Tester reagierten damals angewidert und entsetzt (GameStar gab im Wertungs-Teilbereich "Atmosphäre" 0 Punkte). Und das, obwohl der "Kontext", der hier mit moralisch erhobenen Zeigefinger für meine Begriffe allzu (über-)betont wird und damit quasi zwischen "guter" und "schlechter" Gewalt unterscheidet, sehr wohl bestand. Denn natürlich wurden im Vietnamkrieg (wie in praktisch jedem anderen Krieg) schreckliche Verbrechen an Zivilisten (Morde, Plünderungen, Vergewaltigungen usw.) begangen. Eine ganz andere Sache ist es aber - und darauf kommt es mir an -, ob man so etwas (nach-)spielen will. Ich habe daran keinerlei Bedarf, und ich bin sicher, die breite Masse der Spieler auch nicht. Das dürfte auch der Hauptgrund dafür gewesen sein, warum Nam '67 seinerzeit ziemlich gefloppt ist (auch der Nachfolger,Shellshock 2, war kein Erfolg). Der Titel wäre es IMO auch, wenn er damals nicht so schnell auf dem Index gelandet bzw. weiterhin öffentlich beworben und ganz normal im Laden hätte gekauft werden können. Die Leute mögen solche Games einfach nicht.
Was die Gewaltdarstellung betrifft, muss man auch sagen, dass es Filme gibt, die Grausamkeiten und Brutalität wesentlich anschaulicher darstellen, als es in einem Spiel überhaupt möglich wäre. In einem Dokumentar-Film über den Vietnamkrieg oder den 2. Weltkrieg stört sich keiner an verkohlten Leichenbergen oder Hakenkreuzflaggen, weil es eben "aufklärerischen" oder "historischen Wert" hat, bei einem Videospiel löst das sofort einen riesen Wirbel aus. Möglicherweise aber auch zurecht. In einem (Dokumentar-)Film bin ich nur Betrachter, in einem Spiel hingegen selbst Handelnder. Und ich muss die ganzen Schweinereien, die seit Beginn der Menschheit von eben derselben begangen wurden, nicht noch selbst ausführen, jedenfalls nicht so - und sei es auch "nur" virtuell. Sadisten, Gestörte, möglicherweise aber auch nur auf ihre Art "neugierige" Menschen, die sich daran ergötzen können, wird es allerdings immer geben - mit oder ohne Videospiele. Die allermeisten Spieler aber sind nicht so drauf. Gibt genügend Games, die ein Höchstmaß an Spannung bieten und dem Spieler das Gruseln lehren - und dabei fast gänzlich ohne die Darstellung exzessiver Gewalt auskommen. An Alternativen fehlt es also nicht. Brauche so einen - für meine Begriffe - kranken Mist wie Hatred nicht, um mich zu unterhalten, und würde dafür keinen Cent ausgeben. Ich kann andere Leute aber auch nicht daran hindern, dies zu tun. Und erst recht werde ich sie keinen moralisch gängigen Maßstäben unterwerfen können, auch wenn das dem Ego gut tut und der eigenen Gutmenschen-Pose natürlich immer sehr zuträglich ist.